■ Cash & Crash: Für Japan kommts dick
Berlin (taz/rtr) – Der japanische Aktienindex fällt und fällt. In den letzten Tagen ging es in Prozentschritten abwärts, seit Anfang des Jahres hat der Nikkei schon 25 Prozent verloren und ist damit auf dem tiefsten Stand seit fast drei Jahren. Die Misere erfaßt nun auch bisher blühende Wirtschaftszweige wie die Lebensversicherer. Die japanischen Versionen von Allianz und Co. gehören zu den größten Anlegern der Welt und konnten bisher mit einer Rendite der investierten Beiträge ihrer Mitglieder von etwa 4,5 Prozent im Jahr rechnen.
Nach einer Aufstellung der Financial Times ging bei den acht größten Unternehmen der Branche der Profit im letzten Geschäftsjahr um bis zu 86 Prozent zurück, vor allem wegen der fallenden Aktien in ihren Anlagefonds. Die Erträge sanken damit teilweise unter die Summen, die die Versicherer laut den abgeschlossenen Policen auszahlen müssen. Außerdem sinken ihre Einnahmen aus den USA und Europa, weil der steigenden Yen alle Profite in anderen Währungen entwertet.
Damit wird eine Spirale nach unten in Gang gesetzt, die sich selbst verstärkt: Um die Prämien der Anleger nicht völlig aufs Spiel zu setzen, verkaufen die Lebensversicherer ihre Aktien und legen sie in sichere festverzinsliche Gelder an. Allein im Mai haben sie nach Angaben der Börse japanische Anteilsscheine für netto 5,7 Milliarden Mark verkauft. Das treibt den Kurs immer weiter nach unten.
Selbst der steigende Yen kann den Abwärtstrend nicht mehr aufhalten. Er sorgte bisher für einen stetigen Geldzufluß nach Tokio, weil ausländische Investoren in bezug zu ihren heimischen Währungen auch bei stagnierenden Aktienkursen satte Gewinne einfuhren. Nach dem Kursrutsch an der japanischen Börse haben nun selbst Anleger aus den USA mit ihrem schwindsüchtigen Dollar seit Jahresbeginn netto elf Prozent verloren.
Alle flüchten also aus japanischen Aktien. Am Dienstag lag der Nikkei-Index noch bei 14.600 Punkten. „Ich glaube, er könnte bis auf 12.000 runtergehen“, sagte David Pikes von der BZW Securities Tokyo. Das würde auch viele japanische Banken an den Rand des Abgrunds bringen: Sie leiden schon unter vielen faulen Krediten. Und sie halten ein Netz von Beteiligungen an großen Konzernen. Wenn Aktien der Unternehmen weiter fallen, müssen die Geldhäuser zusätzlich hohe Anlageverluste in die Bilanzen schreiben. Ein Problem, daß beim großen Aktienbesitz der hiesigen Banken auch in Deutschland ein Problem werden könnte. rem
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