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■ Cash & CrashDer Euro ist angekommen

Berlin (taz) – Die neue europäische Währung Euro wirkt in diesen Tagen wie ein angeschlagener Boxer. Biff – Oskar Lafontaine verschwindet von der politischen Bühne, der Euro steigt. Baff – die EU-Kommission tritt geschlossen zurück, der Euro fällt. Bei näherem Hinsehen ist der Euro aber gar nicht so sprunghaft. Gestern mittag zum Beispiel lag der Kurs schon wieder bei knapp 1,09 Dollar für einen Euro. Nach dem Rücktritt der Kommission vorgestern abend war er auf 1.085 Dollar abgerutscht. Die Kommissare hatten also nur einen kleinen und kurzzeitigen Effekt.

Schwieriger ist die Reaktion der Devisenmärkte auf den Rücktritt des deutschen Finanzministers einzuschätzen. Der Euro stieg von gut 1,08 auf über 1,10 Dollar. Lafontaine hatte die internationale Kritik der Fachleute auf sich gezogen, weil er öffentlich von der Europäischen Zentralbank Zinssenkungen gefordert hatte, um Kredite für die Wirtschaft zu verbilligen. Er hatte damit den gegenteiligen Effekt hervorgerufen: Die EZB hatte die Zinsen nicht gesenkt, um ihre Unabhängigkeit zu beweisen – obwohl sie das angesichts der niedrigen jährlichen Preissteigerung von unter einem Prozent durchaus tun könnte. Der Rücktritt von Lafontaine hat also den Weg für Zinssenkungen freigemacht, der Euro hätte sinken müssen – doch das war gerade nicht der Fall. Weil die Währungshändler nun auf eine von Lafontaine entfesselte Wirtschaft in der Euro-Zone hofften, ging der Kurs nach oben.

Das war natürlich eine Überreaktion, weil der deutsche Finanzminister gar nicht so böse war. Der Euro rutschte denn auch seit Anfang der Woche wieder leicht nach unten. Nach Ansicht von Elke Hahn, zuständig für Geldpolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, hatte sich der Euro vor dem Lafontaine-Rücktritt „eigentlich schon eingependelt“. Nach dem starken Start im Januar mit einem Kurs von 1,19 Dollar sank er bis auf unter 1,10. „Da bleibt er erstmal eine Weile“, meint Hahn – solange die Wirtschaft dort mit sechs Prozent wächst gegenüber 0,2 Prozent in der Euro-Zone. Reiner Metzger

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