Carpooling-Portal erhebt Gebühren: Mitfahrer zur Kasse, bitte!
Die Fahrgemeinschaftsbörse mitfahrgelegenheit.de wird kostenpflichtig: Elf Prozent des Preises gehen nun an die Betreiber. Die Nutzer müssen sich registrieren.

BERLIN taz | Es war so simpel. Wer von A nach B reisen wollte, kein Auto besaß und sich die überteuerten Bahntickets sparen wollte, für den blieb die MFG: die Mitfahrgelegenheit. Auf www.mitfahrgelegenheit.de wählte man das Ziel, vereinbarte mit einem Fahrer Zeit und Ort der Abfahrt und drückte ihm nach der Reise das vereinbarte Geld für die Spritkosten in die Hand. Fertig.
Doch nun bitten die Betreiber der Website die Nutzer zur Kasse. Pünktlich zum Osterfest, wenn viele Autolose durch die Republik reisen, wollen sie mit elf Prozent an den zahlreichen Geschäftchen zwischen Fahrern und Mitfahrern beteiligt werden.
Heißt: Nun müssen die Fahrer ein Bankkonto angeben, von dem die Gebühren bei bar bezahlten Fahrten am Monatsende abgebucht werden. Bei Zahlung über das ehemals optionale Buchungssystem der Website, das nun bei allen Fahrten über 100 Kilometern genutzt werden muss, werden elf Prozent des vereinbarten Geldes gleich einbehalten. Die Fahrer werden die Gebühren wohl auf das Fahrgeld umlegen.
Die neuen Nutzungsbedingungen machen das Ganze zwar verbindlicher – da die nun vorgeschriebene Registrierung kurzfristige Absagen von Mitfahrern verhindert – aber auch weniger flexibel. Auch wer nur gelegentlich oder einmalig auf MFG-Suche ist, muss sich erst mühsam ein eigenes Profil anlegen.
„11 Prozent ist frech“
Seit 2001 ist mitfahrgelegenheit.de besonders bei Dauerpendlern und kurzentschlossenen Reisenden beliebt. Die Idee hatte eine Gruppe Studenten der Universität Würzburg. Mittlerweile haben sie das Unternehmen zu dem international tätigen Mitfahr-Unternehmen „Carpooling.com GmbH“ ausgebaut. Nach eigenen Angaben vermittelt es pro Monat über eine Million Fahrgemeinschaften.
Bei den Nutzern stoßen die Neuerungen auf wenig Gegenliebe. „11% ist frech“, schreibt einer auf der Facebook-Seite des Dienstes. Ein anderer fragt: „Warum macht ihr ein so tolles und super funktionierendes System kaputt?!“
Über die negativen Reaktionen zeigte sich ein Unternehmenssprecher wenig überrascht. Dass die Umwandlung eines kostenfreien in einen kostenpflichtigen Dienst die Nutzer verärgere, sei erwartbar gewesen. Er betonte, dass die Einführung der Gebühren nicht die einzige Änderung sei. Künftig könnten Fahrer und Mitfahrer sich auch gegenseitig bewerten, was zu mehr Vertrauen und Verlässlichkeit führe.
Dennoch gingen einige Nutzer soweit, sich ganz von den Vermittlungsdiensten verabschieden zu wollen. „Ihr könnt euch sicher sein, dass nun andere Plattformen euch den Rang ablaufen werden“, kommentierte ein Nutzer auf der Facebook-Seite.
Ob andere MFG-Vermittler aber tatsächlich die unzufriedenen Nutzer abgreifen können? Die zweite bekannte Mitfahrbörse in Deutschland – www.mitfahrzentrale.de – ist jedenfalls keine Konkurrenz mehr, seit die Carpooling GmbH sie Ende 2010 kaufte. Und hier müssen sich die Mitfahrer nicht registrieren. Die Fahrer spülen aber auch hier über eine Grundgebühr Geld in die Kassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Fahrradfeindlicher Nahverkehr
Mein Fahrradproblem und was die Öffis damit zu tun haben
Proteste gegen Abschiebungen
Trump entsendet Nationalgarde nach Los Angeles
Radikalisierung durch Gaza
Der globalisierte Hass
Neuausrichtung des Aktivismus
Parlament im Kuppelzelt
Beitragsbemessungsgrenze
SPD erwägt Erhöhung der Gesundheitsbeiträge
Repression gegen Palästina-Solidarität
Davidsterne und rote Dreiecke