Cannabis-Konferenz in Berlin: „Das wird ein Milliardenmarkt“
Große Unternehmen, aber auch Brandenburger Landwirte interessieren sich für die Produktion von medizinischem Cannabis, sagt Anwalt Walter Späth.
taz: Herr Späth, Sie nehmen an der Cannabis-Wirtschaftskonferenz ICBC teil, die noch bis Freitag in Berlin stattfindet. Wer kommt da zusammen?
Walter Späth: Es sind Unternehmen aus der ganzen Welt da, die im Bereich von medizinischem Cannabis etwas machen wollen. Deutschland ist ein interessanter Markt. Der Bedarf an Cannabis ist hier sehr hoch.
Seit einem Jahr dürfen Ärzte Cannabis in Deutschland als Medikament verschreiben. Seitdem steigen die Patientenzahlen.
Bei schweren Erkrankungen ist das möglich, bei chronischen Schmerzen oder als Begleittherapie bei Krebs oder Aids. Vor der Gesetzesänderung haben an die 1.000 Patienten Cannabis bezogen. Inzwischen sind wir bei 15.000. Man rechnet in ein bis zwei Jahren mit zirka 100.000 bis 200.000 Patienten.
Sie sind Anwalt in Berlin und haben auch Patienten vertreten. Mit welchem Anliegen?
Krankenkassen übernehmen die Kosten nur unter bestimmten Voraussetzungen. Es muss eine schwere Erkrankung vorliegen, andere Medikamente dürfen nicht in Betracht kommen. Es muss auch die begründete Hoffnung bestehen, dass es den Patienten mit dem Medizinal-Cannabis besser geht. In rund zwei Drittel der Fälle übernehmen die Kassen die Kosten. Wenn sie das nicht tun, können Patienten klagen.
46, ist Anwalt für Wirtschaftsrecht. Seine Kanzlei vertritt Unternehmen, die Cannabis zu medizinischen Zwecken anbieten.
Woher kommt das verschriebene Cannabis bislang?
Viel stammt aus den Niederlanden und aus Kanada. Wobei unklar ist, ob weiterhin aus Kanada importiert werden kann, weil Cannabis dort auch zum Freitzeitgebrauch legalisiert werden soll. Ob sich das rechtlich dann noch mit dem Medizinal-Cannabis vereinbaren lässt, ist umstritten. Den Patienten wäre es zu wünschen, denn so viele Länder gibt es nicht, die den Bedarf in Deutschland decken können. Es gab bereits Lieferengpässe in Apotheken.
Sie vertreten vor allem auch Unternehmen, die Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland anbauen wollen. Wer interessiert sich für diesen Markt?
Wir haben Anfragen von Pharmakonzernen aus Kanada. Wir haben auch ein Unternehmen aus Colorado vertreten, die sind aber wieder ausgestiegen, weil ihnen die Bedingungen der Ausschreibung zu hart waren. Ein anderes Bewerberteam kam aus Deutschland und Israel. Große Firmen wollen Cannabis anbauen, aber auch deutsche Landwirte sind sehr interessiert, da einzusteigen. Aus dem Brandenburger Raum haben wir zum Beispiel Anfragen.
Gibt es illegale Hanfplantagen, die mit der Ausschreibung legalisiert werden könnten?
Wir vertreten aus diesem Bereich niemanden. Vielleicht hoffen manche darauf. Allerdings sind die Auflagen so hoch, dass das ohnehin schwierig werden dürfte.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat den Cannabis-Anbau in Deutschland ausgeschrieben, das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat die Ausschreibung aber Ende März gestoppt. Wie wirkt sich das aus?
Wahrscheinlich muss neu ausgeschrieben werden, dann verzögert sich alles. Eigentlich sollte der Anbau in Deutschland 2019 starten, das wird nicht mehr klappen. Deutschland muss Cannabis also weiter aus anderen Ländern importieren. Das Urteil könnte aber auch eine Chance sein. Bisher sollten nur zehn Bewerber zugelassen werden, bis 2022 sollten 6.600 Kilogramm Cannabis für medizinische Zwecke produziert werden. Der Bedarf ist jedoch schon jetzt deutlich höher. Das Bundesinstitut könnte die Zahlen in einer neuen Ausschreibung nach oben korrigieren.
Ist absehbar, was für Umsätze auf dem neuen Markt gemacht werden?
Man kann sich das grob ausrechnen. Wenn es in einigen Jahren Hunderttausende Patienten gibt und jeder von denen für mehrere Hundert Euro im Monat seine Medizin braucht, dann wird das ein Milliardenmarkt.
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