CSU-Klausur: Beckstein empfiehlt Pauli Psychiater
Kopfschütteln über den Ehe-Vorstoß von Landrätin Pauli bei der CSU-Klausur. Noch-Parteichef Stoiber mischt sich indes in die Nachfolge-Debatte ein.
MÜNCHEN taz Standesgemäß anreisen wollten sie beide: Der bayerische Innenminister und Bald-Bayern-Chef Günther Beckstein und sein Vorgänger Edmund Stoiber. Doch nur Becksteins Hubschrauber konnte am Montag neben dem CSU-eigenen Kloster Banz in Oberfranken landen. Als Stoiber am Mittwoch zur viertägigen Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion nachkommen wollte, hieß es: Nebel. Also musste der Noch-Ministerpräsident vorzeitig landen und in einen Dienstwagen umsteigen.
Es war nur ein Wetter-Detail, aber es passte gut in die traditionelle Tagung der CSU-Landtagsfraktion, intern gerne als "Herzkammer" der Partei bezeichnet. Nicht mehr Stoiber und seine ewigen Reformen und Konzepte standen im Mittelpunkt, sondern Beckstein und seine möglichen Kabinettsmitglieder.
Und natürlich Gabriele Pauli: Am Mittwoch hatte sie vorgeschlagen, Ehen künftig auf sieben Jahre zu befristen. "Das wird überall abgelehnt, das wird nicht einmal diskutiert", wetterte Edmund Stoiber daraufhin und legte ihr den Parteiaustritt nahe. Wer solche Forderungen erhebe, der solle sich "eher die Aufnahme in eine andere Partei überlegen". Und Beckstein fügte hinzu, in der CSU sagten einige, diese Frage sei "über Psychologen oder Psychiater zu behandeln".
Obwohl Noch-Innenminister Beckstein erst am 9. Oktober im Landtag offiziell zum Stoiber-Nachfolger gewählt werden soll, hatte er sich in Banz das erste Mal aus dem Innenressort herausgetraut und mit einer eigenen Reform für Verwunderung gesorgt. Das Büchergeld, das an Bayerns Schulen für die Lehrmaterialien bezahlt werden muss, soll im kommenden Jahr abgeschafft werden. Pikanterweise hatte es Stoiber vor exakt drei Jahren am selben Ort in einer seiner berüchtigten Nacht-und-Nebel-Aktionen eingeführt.
Weil es allzu sehr wie eine vorzeitige Demontage des abtretenden Stoiber aussah, ruderte Beckstein zurück und sprach von einem "unglücklichen Zeitpunkt" für den Vorschlag. Stoiber nahm's mit neuer Gelassenheit. "In den Entscheidungsprozess der neuen Regierung Beckstein will ich mich nun wirklich nicht einmischen", sagte er.
Weniger ruhig wurde dagegen über die diversen Personalfragen debattiert. Einige Abgeordnete waren verwundert, dass Fraktionschef Joachim Herrmann explizit Wirtschaftsminister Erwin Huber eingeladen hatte. Der "Tandempartner" ist zwar Favorit für den CSU-Vorsitz, aber eine so deutliche Parteinahme ging manchen doch zu weit.
Für Aufregung sorgte eine geheime Umfrage, nach der Huber viel weniger Vorsprung vor Seehofer hat als erwartet. 37 Prozent zu 30 Prozent bei CSU-Anhängern, lauteten die Werte - angeblich, denn eine Bestätigung für diese Zahlen gab es aus dem Vorstand nicht.
Stoiber mischte sich in Banz auch in die Nachfolgefrage ein. In seiner wohl letzten Rede vor der Fraktion sagte er nach Teilnehmerangaben, der CSU werde es mit Huber an der Spitze "glänzend" gehen. Bislang hatte sich Stoiber stets mit einer Wahlempfehlung zurückgehalten - und eigentlich dachte man, dass Seehofer sein Favorit sei.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten