CHRISTIAN SCHULZ, ATYPISCHER PROFIFUßBALLER : Kein Wappenküsser
Eben noch ließen sie sich vor der Fankurve frenetisch feiern, küssten das Wappen auf dem Trikot, wollten „hier etwas aufbauen“. Zwei Wochen später wurden sie in England, Spanien gesehen oder streiften sich ein Trikot mit den Buchstaben F, C und B über. Klammheimlich hatten sie sich aus dem Staub gemacht. Den Fans blieb nicht mal genügend Zeit, die Vereinshopper angemessen zu bepöbeln.
Für Christian Schulz ist ein solches Szenario undenkbar. Der Bremer ist ein atypischer Profi, ein Spieler, den es heutzutage eigentlich nicht mehr gibt. Schon mit 15 Jahren zog er von zu Hause aus. Nicht um die Welt zu sehen, sondern um das Werder-Internat besuchen, 25 Kilometer nördlich seines Heimatortes Bassum gelegen. Seit 1993 trägt Schulz die grün-weiße Raute. „Forever SVW“ könnte auf seiner Visitenkarte stehen, und vermutlich schläft er gar in Werder-Bettwäsche. Ein Wappenküsser ist er dennoch nicht – und vielleicht gerade deswegen Publikumsliebling. Die Fans glauben dem 23-Jährigen seine Verbundenheit, nehmen es ihm ab, wenn er erzählt, dass er in Bremen alt werden will. Schulz ist einer, der sich auf leisen Sohlen bewegt, der nicht in die Öffentlichkeit drängt, für den Zusammenhalt der Werder-Familie aber immens wichtig ist. Einer wie Marco Bode. Einer wie Dieter Eilts.
Schulz sah Stars kommen und gehen – doch er blieb. 2004 holte er mit Werder die Meisterschaft, debütierte kurz darauf in der Nationalmannschaft und etablierte sich im Verein auf der linken Abwehrseite: In der vergangenen Saison absolvierte Schulz 30 Bundesligapartien. Trotz prominenter Konkurrenz auf seiner Position – aktuell Pierre Womé – empfiehlt sich Schulz auch in dieser Saison durch sein unspektakuläres, aber effektives Spiel. Schulz zeigt Allrounder-Qualitäten: Er agiert mal für Womé in der Abwehrkette, dann wieder offensiver im linken Mittelfeld. Am Freitag beim 1:3 gegen den BVB vertrat er den verletzten Frank Baumann. Schulz spielte solide, ließ sich aber von der allgemeinen Lethargie anstecken. Ein Spiel allein dreht er nicht, so viel scheint klar. Aber dafür sollten bei Werder eh andere zuständig sein. ANDREAS BOCK