CHRISTIAN RATH ÜBER DAS GESCHEITERTE STRAFGESETZ GEGEN SUIZIDHILFE : Dank den Fundamentalisten
Die christlichen Fundamentalisten in der CDU/CSU haben einen Gesetzentwurf verhindert, der die Freiheit am Lebensende beschränkt hätte – weil er ihnen nicht weit genug ging. Die Bundesregierung wollte die „gewerbsmäßige“ Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellen.
Doch eine Mehrheit der Unions-Fraktion wollte darüber hinausgehen und jede regelmäßige und organisierte Hilfe beim Suizid bestrafen. Die Folge des Dissenses: Es gibt gar kein Gesetz. Die Hilfe zur Selbsttötung bleibt grundsätzlich straffrei.
Kanzlerin Angela Merkel persönlich gab jüngst das Signal zum Rückzug, indem sie sich auf die Seiten der Fundamentalisten schlug. Ein cleveres Manöver, mit dem sie Punkte auf beiden Seiten sammeln konnte.
Die Konservativen freuen sich, dass Merkel endlich mal auf ihrer Seite steht, nachdem sie sonst eine klassische Unions-Position nach der anderen beiseiteräumte. Und die liberale Mehrheit der Bevölkerung, die eine organisierten Suizidhilfe nicht grundsätzlich ablehnt, stößt sie damit auch nicht vor den Kopf. Schließlich bleibt das konservative Signal ja völlig folgenlos. So einfach kann kluge Machtpolitik sein.
Im Ergebnis ist der Verzicht auf ein neues Strafgesetz jedenfalls richtig. Die organisierte Beratung und Hilfe beim Freitod hilft sterbebereiten Menschen, ihren Willen zu verwirklichen. Meist geht es um Schwerkranke, die solche Hilfe benötigen. Es ist eine Frage der Menschenwürde, solche Hilfe nicht zu verweigern.
Zwar wird immer wieder behauptet, ein derartiges Hilfsangebot setze alte Menschen unter Druck, nun doch bald freiwillig aus dem Leben zu scheiden. In der Schweiz ist allerdings keine derartige Entwicklung zu sehen. Und dort gibt es die organisierte Suizidhilfe schon seit Jahrzehnten.
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