CHINA IN HARBURG, ANGST IN WILHELMSBURG : Kunst ohne Führung
Hajo Schiff
Diese Woche ist in der Kunst nicht viel los, die meisten Galerien und Off-Räume sind geschlossen. Aber die Deichtorhallen kompensieren die Umbau-Schließung der großen Halle mit besonderen Aktivitäten in Harburg. Erstmalig ist dieses Jahr bis zum 2. Januar die Ausstellung „China Secret Signs – Zeitgenössische Chinesische Kunst im Namen der Schrift“ in der Sammlung Falkenberg alle Tage zu festen Öffnungszeiten auch ohne Führung zu besichtigen. Dazu es gibt täglich auch öffentliche Führungen um 13 und 15 Uhr, zu denen ausnahmsweise auch keine Anmeldung erforderlich ist.
Es ist also etwas weniger umständlich als sonst, die Schriftkunst, Fotografien, Videos, Installationen und Objekte von 38 Künstlern aus den letzen 30 Jahren zu sehen, die thematisch und assoziativ die in China in allem präsente, über 2.200 Jahre alte Kalligraphie umkreisen. Wilstorfer Str. 71, Tor 2 (nicht an Silvester und Neujahr!)
Wer sich zwischen den Feiertagen bewegen und dabei zugleich etwas über Stadtsoziologie, Stadtplanung und speziell über die Elbinseln erfahren will, dem sei die Radtour „Die schönsten Angsträume Wilhelmsburgs“ empfohlen. Im Architektensprech heißen Orte, die von den meisten Menschen gemieden werden „Angsträume“. Sind sie lokalisiert, wird der Busch im Park gerodet, damit sich auf schierem Rasen und befestigten Wegen niemand mehr verstecken kann. Oder es wird alles gnadenlos hell ausgeleuchtet und die Überwachungskameras werden in Stellung gebracht. Was aber ist das Angstauslösende an den entsprechenden Orten und sind die offiziellen Lösungsansätze eigentlich hilfreich? Diese knapp vierstündige Wilhelmsburg-Erkundung mit Selbsterfahrungseffekt führt zu einer Perlenkette von furchteinflößenden Unorten und endet mit einer kompensatorisch gemütlichen Einkehr. Treffpunkt: So, 28. Dezember, 14 Uhr, S-Bahn Veddel (bei den Bussen)
Gute Neuigkeiten aus der Hochschule für bildende Künste: Das internationale Austauschprogramm „Art School Alliance“ kann fortgesetzt werden. Mit 140.000 Euro Förderung der Toepfer Stiftung wird das Vernetzungsmodell der Kunsthochschulen um fünf Jahre verlängert: Pro Jahr kommen bis zu zwölf Studierende renommierter Institute in Europa, den USA und China für ein Semester nach Hamburg, im Gegenzug erhalten Studierende der HFBK die Möglichkeit, für ein Semester an der ausländischen Partnerhochschule wertvolle Erfahrungen für eine immer globaler orientierte Kunst zu sammeln.
Wie sehr die Kunst über nationale Abgrenzungen hinaus gewachsen ist, können auch die beiden Berliner Installations-, Video- und Performancekünstler Matthias Wermke und Mischa Leinkauf berichten: In ihrem Vortrag „Flagge zeigen. Hochkunst in Aktion“ geht es um jene spektakuläre Aktion, in der sie die US-National-Banner auf der gut bewachten Brooklyn-Bridge in New York City am 22. Juli 2014 heimlich gegen weiße Flaggen ausgetauscht hatten. Mi, 7. Januar 2015, 19 Uhr, HFBK (Aula), Lerchenfeld 2