: CDU rettet den Haushalt
Konservative geben klein bei und wollen den Landesetat nicht noch einmal vom Verfassungsgericht prüfen lassen. Die FDP ist geknickt. Sie hatte extra neun Seiten mit Forderungen beschrieben
VON THORSTEN DENKLER
Martin Lindner knallt die blaue Mappe auf sein Plenumspult, als wäre ihm gerade sein Aktienpaket abgeschmiert. Der FDP-Fraktionschef grämt sich über die Kollegen von der CDU. Die hatten wenige Minuten zuvor entschieden, nicht erneut gegen den Doppelhaushalt 2004/2005 des Landes zu klagen. Der wird in der ganzen bürgerlichen Opposition für verfassungswidrig gehalten. Doch nur die Liberalen entschieden sich für den Klageweg.
Das Nein der CDU verhagelt der FDP den gewünschten Gang vor das Verfassungsgericht. Ein Viertel der Abgeordneten müsste einer Klage zustimmen – um genau zu sein: 36. Die FDP verfügt nur über 14 Mandatsträger. Ein Klageerfolg hätte möglicherweise den Senat dazu gezwungen, die Ausgaben weiter zu senken. Die CDU scheute jedoch die politische Verantwortung für weitere Sparrunden.
Knapp 45 Minuten nach Beginn der Sondersitzung von Parteivorstand und Fraktion stand die Entscheidung der CDU. Für Fraktionschef Nicolas Zimmer eine deutliche Niederlage. Er hatte sich immer für eine Klage ausgesprochen. Nach der Sitzung kam er in Erklärungsnot: Das sei eine schwierige Entscheidung. Der Haushalt sei verfassungswidrig. Es könne aber nicht sein, „dass wir die Zukunft der Stadt von Gerichten lösen lassen“.
Bis Ende des Jahres will Zimmer dem SPD/PDS-geführten Senat Zeit geben, mit einem Nachtragshaushalt die Finanzplanung des Landes wieder auf Verfassungskurs zu bringen. Dafür müssten in der Stadt die Wachstumseffekte gestärkt, Investitionen in Bildung angehoben, Verwaltungskosten gesenkt und Landesvermögen privatisiert werden, sagte Zimmer.
Doch selbst wenn der Senat sich auf die Forderungen nicht einlässt – was wahrscheinlich ist – bedeutet das nicht automatisch Klage. „Wir werden dann neu diskutieren müssen“, sagte Zimmer.
Die FDP-Fraktion hatte sich zeitgleich zur CDU zusammengesetzt, um ihr Vorgehen zu beraten. Für eine Klage stimmten 13 Abgeordnete, einer dagegen. Lindner setzte sich danach siegesgewiss in die Pressekonferenz und verkündete seinerseits die Inhalte eines neunseitigen Forderungskatalogs. Wenn der Senat diesen erfülle, dass müsse es nicht zu einer Klage kommen, bot er generös an. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass die CDU mit ihrem Nein seine Verhandlungsposition gerade deutlich geschwächt hatte.
Wäre es nach Lindner gegangen, hätte der Senat bis zum 1. Januar 2006 verbindlich erklären müssen, wie er Lindners Ideen umzusetzen gedenke. Also: 40.000 Stellen weg in der öffentlichen Verwaltung, alles verkaufen, was sich noch landeseigen nennt, die Hälfte aller Verwaltungsvorschriften abbauen und die Beschäftigungssicherung aufgeben. Das wäre selbst CDU-Youngster Nicolas Zimmer zu viel gewesen. „Völlig unrealistisch“, lautete sein Urteil.