CDU in der Krise: Pflüger geht schon mal vor
Tabula rasa: Nach Pflügers Rücktritt kündigt auch Landeschef Ingo Schmitt an, 2009 nicht mehr zu kandidieren. Doch viele CDUler wünschen sich einen schnelleren Abgang des Strippenziehers.
Die Chaostage in der CDU sind nicht zu Ende. Nachdem Friedbert Pflüger als Chef der CDU-Fraktion abgewählt wurde, soll auch der Landesvorsitzende Ingo Schmitt sein Amt niederlegen. Nach Informationen aus Parteikreisen könnte Schmitt schon in wenigen Wochen das Feld räumen. Offiziell kündigte der Landeschef nur an, beim Parteitag im Mai 2009 nicht wieder kandidieren zu wollen. "Als Parteisoldat klebe ich nicht an meinem Stuhl", sagte er. Doch viele CDUler wünschen sich einen schnelleren Abgang.
Der Zeitplan für den Führungswechsel dürfte bei der heutigen Sitzung des Landesvorstands Thema sein. Sollte Schmitt - etwa nach Abschluss der Nominierungen für die Bundestagswahl im November - zurücktreten, könnte die CDU auf einem Sonderparteitag einen neuen Chef bestimmen.
Der ehemalige stellvertretende CDU-Fraktionschef Michael Braun plädierte für eine baldige Lösung des Problems. Ein Sonderparteitag solle spätestens in einem Monat eine neue Führung wählen, so Braun zur taz. Joachim Zeller, der die Partei bis 2005 leitete, sagte: "Wenn Schmitt sein Amt schon früher zur Verfügung stellen sollte, hat es keinen Sinn, die Neubesetzung bis Mai hinauszuzögern." Innerhalb von 14 Tagen werde eine Neuwahl nicht zu machen sein.
Wer beerbt Ingo Schmitt? Bundespolitiker dürften nach Pflügers Scheitern wenig Lust verspüren, der Berliner CDU auf die Beine zu helfen. Der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann hat Gerüchte um seine Person bereits zurückgewiesen. Auch Zeller sagte, es sei nicht die Zeit, noch einmal als Landeschef anzutreten. Die Kreisvorsitzende von Neukölln, Stefanie Vogelsang, forderte, dass ein neuer Landesvorsitzender aus dem "liberalen Bürgertum" kommen müsse. Der jüngste Abgeordnete der Fraktion, Sven Rissmann, sagte: "Mir ist im Moment kein Kandidat bekannt, der es werden könnte, wollte oder sollte."
Wenn über Schmitts Nachfolge spekuliert wird, fällt immer wieder ein Name: Michael Braun. Der Vorsitzende des einflussreichen Kreises Steglitz-Zehlendorf gilt einerseits als Unterstützer des liberalen Kurses von Pflüger, ist aber auch für seine konservativen Sprüche bekannt. In der Linken heißt es über Braun, er sei "schwarz bis auf die Knochen". Er gebe sich im Moment aber liberal, weil er sich Hoffnungen auf den Landesvorsitz mache. Braun wollte sich zu dieser Frage nicht äußern. Er sagte nur: "Alles ist denkbar."
Möglicherweise bewirkt das Drama um Friedbert Pflüger gar eine Veränderung der politischen Kultur in der CDU. Der Pankower Kreisvorsitzende Peter Kurth kritisierte den "Klüngelcharakter" der bisherigen Form der Personalfindung. Das habe zu einem katastrophalen öffentlichen Erscheinungsbild geführt. "Man sollte darüber nachdenken, wie man die Mitglieder bei Entscheidungen stärker einbeziehen kann."
Während der Landesvorsitz für Rätselraten sorgte, kündigte Pflügers Nachfolger Frank Henkel am Donnerstag an, den Kurs seines Vorgängers beibehalten zu wollen. Es gelte weiterhin, eine moderne CDU in Berlin aufzubauen.
Internet-Spaß über Pflüger
Im Internet kursiert inzwischen ein Video des Köpenickers Robert Mietzner, der die Chaos-Tage in der CDU auf die Schippe nimmt. Im Refrain heißt es über Pflüger: "Doch so schnell, wie er da war, war er auch wieder weg."
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