CDU halbiert bei Wahl in Hamburg: Größte anzunehmende Niederlage
Nach dem Desaster bei der Wahl in Hamburg werden beim Verlierer CDU Köpfe rollen. Bürgermeister Ahlhaus und Fraktionschef Schira werden kaum an der Spitze bleiben.

HAMBURG taz | Die größte anzunehmende Niederlage ist eingetreten. Hamburgs CDU hat bei der Bürgerschaftswahl am gestrigen Sonntag das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis haben die Christdemokraten ihren Minusrekord von 25,1 Prozent aus dem Jahr 1993 noch deutlich unterboten – der Absturz auf 21,9 Prozent ist ein Erdrutsch historischen Ausmaßes.
2004 hatte die CDU unter ihrem Bürgermeister Ole von Beust mit 47,2 Prozent die absolute Mehrheit in Hamburg errungen, vor drei Jahren reichte es immerhin noch zu hervorragenden 42,6 Prozent. Jetzt, unter Christoph Ahlhaus, hat sie sich selbst halbiert.
Unvermeidbar ist deshalb, dass Köpfe rollen werden. Der scheidende Bürgermeister Christoph Ahlhaus gestand eine "herbe Niederlage" ein. Es sei richtig gewesen, die schwarz-grüne Koalition einzugehen, die schließlich "zweieinhalb Jahre gut funktioniert habe". Allerdings habe die schwarz-grüne Schulpolitik mit dem verlorenen Volksentscheid seine Partei "viel Glaubwürdigkeit gekostet".
Vorläufiges amtliches Teilergebnis (nur Auszählung der Zweitstimmen):
SPD: 48,3% (2008: 34,1%)
CDU: 21,9% (42,6%)
GAL: 11,2% (9,6%)
Linke: 6,4% (6,4%)
FDP: 6,6% (4,8%)
Andere: 5,6%
Ahlhaus appelliert an seine Partei, "jetzt das Ergebnis genau zu analysieren und keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen". Ihm halten viele CDU-Funktionäre zugute, dass er einen aussichtslosen Wahlkampf wacker bestritten und die Partei damit vor einem noch größeren Absturz bewahrt habe. Erstes Opfer wird dagegen wohl Partei- und Fraktionschef Frank Schira sein, der schon im Januar bei der Aufstellung der Landesliste vom CDU-Parteitag mit nur 61,6 Prozent auf Platz 2 abgemahnt wurde. Kaum anzunehmen, dass er beide Ämter behalten kann.
Auch Noch-Bürgermeister Christoph Ahlhaus (41) dürfte auf die Hinterbank im Parlament verbannt werden. Ahlhaus wie Schira können jedoch hoffen, bei der Bundestagswahl 2013 mit den Listenplätzen der jetzigen Abgeordneten Jürgen Klimke (dann 65 Jahre) und Dirk Fischer (dann 69) entschädigt zu werden.
Für die kurzfristigen Konsequenzen in der Partei- und Fraktionsführung ist entscheidend, wann und wie die Kronprinzen sich über die Erbfolge einigen. Sozialsenator Dietrich Wersich sowie die beiden Partei-Vizes und Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse und Marcus Weinberg, die sämtlich für eine erneute Wende wieder hin zur Mitte stehen, werden ihre Claims untereinander abstecken. Je gesitteter die drei Mittvierziger das tun, desto größer sind die Chancen der CDU, in vier Jahren wieder als ernsthafte politische Kraft akzeptiert zu werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?