: CDU feiert sich leise
PIETÄT Bei ihrem Resümee des Koalitionsvertrags der großen Koalition bemühen sich Hamburgs CDU-Bundestagsabgeordnete, dem neuen Koalitionspartner nicht auf die Füße zu treten
HERLIND GUNDELACH, CDU
Wie verkauft man die eigenen Erfolge in den Koalitionsverhandlungen, wenn man vor allem will, dass die Mitglieder der Gegenseite den ausgehandelten Vertrag annehmen? Vor diesem strategischen Dilemma standen am Montag die fünf Hamburger Bundestagsabgeordneten der CDU bei ihrer Bewertung des Koalitionspapiers. Die Antwort lautete: Schmusekurs. „Es macht jetzt keinen Sinn, eine Debatte darüber anzuzetteln, wo wir die SPD erfolgreich kleingehalten haben“, gab der Chef der CDU-Landesgruppe in Berlin, Dirk Fischer, die Marschrichtung vor.
Während die Sozialdemokraten landauf, landab derzeit ihre Verhandlungserfolge loben, übt sich die CDU in leisen Tönen. So resümiert der Hamburger CDU-Landeschef Marcus Weinberg: „Der Vertrag verstetigt zu 80 Prozent die Politik der vergangenen Jahre.“ Das klingt nicht gerade nach sozialdemokratischer Handschrift.
Überhaupt sei das 185-Seiten-Papier „nicht gerade extrem ambitioniert“ räumt die Hamburger Bundestagsnovizin Herlind Gundelach ein. Dafür aber extrem detailliert. Weil bei allen möglichen Themen die Stoßrichtung festgeschrieben sei, erwarten die Hamburger CDUler weniger Stress als unter Schwarz-Gelb.
Nach ihren Berechnungen wird Hamburg in den kommenden Jahren rund 250 Millionen Euro mehr vom Bund überwiesen bekommen als bisher – vor allem für den Kita-Ausbau, die Hochschulentwicklung und die Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen. „Wir werden genau darauf achten, dass der Senat diese Zusatzgelder aus dem Bund nicht im Hamburger Haushalt einkürzt“, kündigt Weinberg an. Trotz großer Koalition in Berlin werde es im Hamburger Rathaus „keinen Kuschelkurs“ mit der SPD geben, sondern eine CDU, „die in Zukunft schärfer und aggressiver“ gegen den Senat auftreten werde.
Das alles setze aber voraus, dass die SPD ihre Mitgliederbefragung über die Bühne bringe, womit die CDU fest rechnet. Und sollte die Mitgliederbefragung unerwartet doch scheitern, fordert Fischer vorsorglich schon mal den kollektiven Rücktritt der gesamten sozialdemokratischen Führungsriege. Fischer wörtlich: „Es ist kein größeres Misstrauensvotum für Gabriel, Nahles und Co denkbar – dann kann die SPD-Spitze nicht im Amt bleiben.“ MARCO CARINI