: CDU fährt bei VW heißen Reifen
Generalsekretär weiß offenbar mehr als die Staatsanwaltschaft. Anklage gegen Ex-Personalchef Hartz noch 2006
Über Fußballer und ihre Blutgrätschen heißt es gelegentlich, die Betreffenden „überinterpretierten“ ihre Rolle als Verteidiger. In solchem Sinne könnte man auch sagen, dass Ulf Thiele, Generalsekretär der Niedersachsen-CDU, mit seinen Äußerungen zur Volkswagen-Affäre seine Rolle überinterpretiert.
SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner müsse „das Schweigekartell“ in der „Sexparty-Affäre“ von VW „durchbrechen“, fordert er etwa. Und dass endlich die Fakten über die Verwicklung des SPD-Landtagsabgeordneten und VW-Betriebsrats Günter Lenz auf den Tisch kommen müssten. Gar von einer „erdrückenden Beweislage“ spricht Thiele und scheint damit mehr zu wissen als die Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Die will sechs der laufenden 14 Verfahren erst im September, den Rest bis Ende des Jahres abschließen. Flüstert Thiele gar der Chef der Landespartei Christian Wulff ein, einen derart heißen Reifen zu fahren? Immerhin sitzt der Ministerpräsident im VW-Aufsichtsrat.
Alles reine Spekulation. Fest steht, dass bislang sowohl Lenz wie auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl, ebenfalls einst Betriebsrat, heftigst abgestritten haben, sich auf Konzernkosten in Bordellen vergnügt zu haben. Dafür droht Ex-Personalchef Peter Hartz laut Medienberichten noch in diesem Jahr Anklage wegen Untreue. Ob es dazu komme, sei offen, da er sich erneut zu den Vorwürfen äußern könne, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft.
Mit den Besuchen bei Prostituierten und weiteren Vergünstigungen soll das Managment den Betriebsfrieden bei VW geschmiert haben. Das Wohlwollen der Betriebsräte war bei umstrittenen Entscheidungen nötig, etwa bei anstehenden Streiks oder dem Kauf der Nobelmarke Bentley. Die Vorwürfe auch gegen andere Verdächtigen wie den ehemaligen Betriebsrat Klaus Volkert lauten: Verdacht auf Untreue und Betrug oder Beihilfe dazu. Zudem erwägen die Staatsanwälte, Hartz wegen der Begünstigung von Betriebsräten anzuklagen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, eine Anwendung des entsprechenden Paragrafen im Betriebsverfassungsgesetz werde ernsthaft geprüft. KAI SCHÖNEBERG
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