piwik no script img

CDU-Einmischung in U-Boot-Ermittlungen

■ Zeuge im Bonner Untersuchungsausschuß zur U-Boot-Affäre: Wegen der anstehenden Landtagswahl in Schleswig-Holtstein verweigerte der Präsident der Oberfinanzdirektion die Einschaltung der Zollfahndung / Zeuge konnte sich nur noch verschwommen erinnern

Bonn (dpa) - Neue Überraschungen in der U-Boot-Affäre: Die Ermittlungen gegen die an der U-Boot-Affäre beteiligten Firmen sind nach der Aussage eines Beamten des Bundesfinanzministeriums im Interesse der CDU parteipolitisch beeinflußt worden. So habe sich der Präsident der Kieler Oberfinanzdirektion, Svend Olav Hansen, im Juli 1987 auch wegen der im September anstehenden Landtagswahl in Schleswig-Holstein gegen die Einschaltung der Zollfahndung ausgesprochen. Damit bestätigen sich Vermutungen, die schon seit Wochen in Bonn kursieren.

Das sagte Oberregierungsrat Uwe Wewel am Donnerstag als Zeuge vor dem Bonner Untersuchungsausschuß zur Aufklärung der U-Boot-Affäre aus. Er war damals nach Kiel geschickt worden, um den Stand der Ermittlungen der Oberfinanzdirektion (OFD) gegen die Lieferfirmen von U-Boot -Plänen an Südafrika - die bundeseigene Werft HDW und das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) - zu überprüfen. Dabei ging es um einen Verstoß gegen Außenwirtschaftsgesetz der BRD.

In seinem anschließend verfaßten Bericht übte er scharfe Kritik an den nach seiner Ansicht mangelhaften Ermittlungen und drang auf die Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Bei der Beratung über das weitere Vorgehen habe sich der damalige Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, Günter Obert, zwar ebenfalls „entsetzt“ über das Vorgehen der OFD geäußert.

Ein Eingreifen des Ministeriums sei aber erst nach vorheriger Absprache mit dem damaligen Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) möglich, habe Obert gesagt. Stoltenberg habe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits mitgeteilt, es sei in dieser Sache „alles ermittelt“. Davon könne jetzt nicht einfach abgewichen werden. Obert sei so verärgert gewesen, daß er gesagt habe: „Wenn das alles übersehen wurde, muß ich ja meinen Hut nehmen.“

Der inzwischen pensionierte Obert konnte sich als Zeuge des Bonner Untersuchungsausschusses gestern nur noch verschwommen an das Gespräch am 17. Juli 1987 erinnern. Eine dort geäußerte Rücktrittsüberlegung „wäre ungewöhnlich“ gewesen. Nach seinem Eindruck sei das ganze Verfahren korrekt gelaufen. Seine Behörde habe „alles getan, um die Sache der Staatsanwaltschaft anzudienen“ und diese auch über die bevorstehende Einstellung des Verfahrens informiert.

Der Obmann der CDU im Ausschuß und parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Friedrich Bohl, schloß auf Fragen von Journalisten am Rande der Sitzung aus, daß der jetztige Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg die CDU-Fraktion oder ihren Vorstand damals offiziell über den Stand der Ermittlungen informiert habe. Es sei allerdings durchaus möglich, so gab er zu, daß dies gesprächsweise geschehen sei.

Obert sagte ferner, er habe den kritischen Vermerk Wewels damals gar nicht gelesen. Auch Gerhard Stoltenberg hatte erklärt, ihm und der Leitung seines Hauses habe der inkriminierte Bericht nicht vorgelegen.

Stoltenberg soll unter anderem zu diesem Punkt am 16. Mai diesen Jahres als Zeuge von dem Bonner U-Boot-Ausschuß vernommen werden. Bereits für den 10. Mai wurde der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Friedrich Voss (CSU), geladen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen