christoph schultheis : Busen-Shows (un)beliebt!
Eine Umfrage beweist: 70 Millionen Fernsehzuschauer können nicht irren.
Aus gegebenem Anlass müssen wir noch mal kurz auf die Brüste junger Frauen zurückkommen, von denen an dieser Stelle schon vor einer Woche ausführlich die Rede war – wegen dieser schönheitschirurgischen Sendereihen, in die diverse Privatsender ihre ohnehin allgegenwärtige Brust-OP-Berichterstattung auszulagern gedenken. Und natürlich wäre es echt viel schöner, über irgendwas völlig anderes zu berichten als ausgerechnet über Busen, aber es hilft nichts.
Und das nicht etwa anlässlich des dazu entbrannten Lobbyistenstreits der „Kommission für Jugendmedienschutz KJM“, der „Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen FSF“ und des „Verbands privater Rundfunk und Telekommunikation VPRT“ (so was füllt nur unnötig viele Zeilen, selbst wenn man den „Vorsitzenden der Medienkommission von ARD und ZDF“ aus Platzgründen komplett unerwähnt ließe) – sondern wegen einer aktuellen Umfrage, wonach die neuen Sendereihen auch die bundesweit über 70 Millionen Fernsehzuschauer erregt: 28 Prozent der Fernsehzuschauer sind nämlich der Meinung, so was gehöre verboten, 55 Prozent würden sich die „Schönheits-OP-Shows“ zumindest nicht anschauen wollen, und nur 9 Prozent finden solche Shows „gut“! „Nur wenige wollen Schönheits-OP-Shows sehen“ betitelte deshalb die Nachrichtenagentur dpa (selbst Auftraggeberin der Befragung) am Wochenende eine entsprechende Meldung. „Die große Mehrheit der Fernsehzuschauer“, so dpa weiter, „hält nichts von Shows, in denen Schönheitsoperationen live übertragen werden.“
Und das ist, mit Verlaub, selten bekloppt. Denn sagen uns die Umfrageergebnisse nicht auch, dass 72 Prozent aller Fernsehzuschauer gegen ein Verbot sind, dass sich 45 Prozent die „Schönheits-OP-Shows“ zumindest anschauen wollen und, ja, 9 Prozent solche Shows sogar „gut“ finden, was hoch- und umgerechnet immerhin 6,3 Millonen sind?
Nur zum Vergleich: Die dämliche ProSieben-Show „Die Alm“ beispielsweise sehen derzeit ungefähr 3 Millionen, die „Tagesschau“ in der ARD ungefähr 4 Millionen – und das ganz unabhängig davon, ob man sie „gut“ findet oder nicht. In Marktanteile umgerechnet sind das durchschnittlichen zirka 12 Prozent („Die Alm“) und 20 Prozent („Tagesschau“), was wiederum noch gar nichts heißt, weil Abend für Abend zur besten Sendezeit ohnehin nicht mal die Hälfte aller Fernsehzuschauer den Apparat anmacht. Und während der „Alm“-Sender ProSieben dennoch mit seinen Zuschauerzahlen derart glücklich ist, dass er beschlossen hat, die Sendung eine Woche länger auszustrahlen als geplant, könnte man währenddessen ebenso gut jeden Tag mit Recht behaupten: „Nur wenige wollen ‚Tagesschau‘ sehen!“