piwik no script img

Buschkowsky in BayernNeuköllner Verhältnisse in München

Neuköllns SPD-Bürgermeister Heinz Buschkowsky erklärt CSU-Abgeordneten, wie Integration klappen könnte. Die staunen.

Erklärt mal wieder die Welt und Neukölln: Heinz Buschkowsky Bild: dapd

Ob Heinz Buschkowsky am Ende tatsächlich Bewerbungen von umzugswilligen Münchnern erhielt, darf bezweifelt werden. Doch von dem seinem Vortrag vorangestellten "Werbeblock für Neukölln" war das Publikum am Dienstagabend in der bayerischen Landeshauptstadt sichtlich beeindruckt. Die beste aller Berliner Opern? Befindet sich in Neukölln. Wo werden die zuverlässigsten Herzschrittmacher gefertigt? In Neukölln. "Stecken Sie mir einen Zettel mit Ihrem Namen und Geburtsdatum zu, ich sehe bei der Wohnungsvergabe mal, was ich tun kann", bot der Bezirksbürgermeister großzügig an.

Edel gekleidet, teuer parfümiert und überwiegend jenseits der fünfzig: Buschkowsky hatte es in München mit einer augenscheinlich anderen Klientel zu tun als zu Hause. In Neukölln leben 300.000 EinwohnerInnen aus 162 Nationen, die Arbeitslosenquote beträgt in einigen Kiezen 25 Prozent, in vielen Schulen ist nur ein Zehntel der Schüler deutschsprachig aufgewachsen. Für viele der Anwesenden klang das nach einer fernen Welt. Ebendarum hatte die unabhängige Tutzinger Akademie für Politische Bildung Buschkowsky ja eingeladen: Mehr als 300 ZuhörerInnen waren in das den Bayerischen Landtag beherbergende Maximilianeum gekommen, um seinen Ausführungen über "Integration vor Ort" und deren "konkrete Herausforderungen" zu lauschen.

Dass er dabei mit seinen Forderungen nach Kindergeldkürzung für Schulschwänzer und der "Erfolgsstory" des Wachschutzes vor Schulen Applaus erntete, war erwartbar. Doch auch als sich Buschkowsky für längeres gemeinsames Lernen, Ganztagsschulen ("Ich weiß, das ist hier unten ein Schimpfwort") und Kindergartenpflicht ab dem ersten Lebensjahr aussprach, war deutliche Zustimmung vernehmbar. So stand der kleine Mann mit dem großen Bauch, schwarzem Sakko und glänzender Anstecknadel an der Krawatte im großen, herrschaftlichen Senatssaal des Landtags und erklärte zahlreichen CSU-Landtagsabgeordneten und der politisch interessierten gehobenen Münchner Mittelschicht, dass das Integrationsproblem des Einwanderungslandes Deutschland eben vor allem ein Bildungsproblem sei. Und dass dessen Lösung schon angesichts der demografischen Lage überlebenswichtig sei.

Dem Applaus nach hat man das inzwischen auch in München begriffen - der Ministerpräsident war allerdings nicht anwesend.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • B
    Barbara

    ich finde diesen artikel teilweise problematisch.er geht meist gänzlich im "augeschlossenen berliner" vs. "spießbürgerlicher münchner" schwarz-weiß-muster auf. auch in münchen ist der migrantenanteil hoch, weswegen ich es unpassend finde, die dortige zuhörerschaft wie ein primitives volk darzustellen, dem gerade erklärt wird, dass die erde rund ist. die mit offenem mund staunenden bayern, die buschkowskys worten, die einer anderen welt zu entstammen scheinen, lauschen. naja. über diesen äußerlichkeiten gehen leider konkretere informationen über buschkowskys vortrag verloren. das bewusstsein, dass integration, gekoppelt mit bildung, ein thema ist, bei dem viel aufklärungs-und handlungsbedarf besteht, würde wohl nicht nur in münchen eine auffrischung vertragen.

  • E
    EnzoAduro

    Hoffentlich ist was hängen geblieben und die Bayern verstehen das Sie mit der Herdprämie dem Land schaden. Auch wenn es vielleicht zwischen den bayrischen Hügeln nutzt.