Burnout-Syndrom bei Lehrern: Pädagogen am stärksten gefährdet
Seit ihre Frühpensionen gekürzt wurden, gehen immer weniger Lehrer wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand. Doch die Quote bleibt höher als bei anderen Beamten.
Ausgepowert, arbeitsmüde, ausgebrannt: So sieht ein weit verbreitetes Bild von älteren Lehrern in Deutschland aus. Laut Statistischem Bundesamt ist nun allerdings die Zahl der verbeamteten LehrerInnen, die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig den Ruhestand anstreben, deutlich zurückgegangen: von 30 Prozent im Jahr 2005 auf 24 Prozent im Jahr 2006. Damit setzt sich ein Trend fort, den Statistiker seit Jahren feststellen. Im Jahr 2000 ließen sich noch fast zwei Drittel aller LehrerInnen wegen Dienstunfähigkeit pensionieren. Der Grund für den Rückgang liegt für die Statistiker auf der Hand: Im Jahr 2001 hat der Gesetzgeber schmerzhafte Abschläge eingeführt, die die Lehrer offenbar zum längeren Arbeiten anspornen.
Dazu kommt die Möglichkeit der Altersteilzeit, die immer mehr genutzt wird. Je nach Bundesland können Lehrer frühestens ab dem 55. Lebensjahr mit dieser Regelung kürzertreten. "Die Gefahr von Burnout kann so verringert werden", sagte Ludwig Eckinger, Chef des Verbands Bildung und Erziehung. Und auch Ilse Schaad von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft pflichtet bei: "Die Altersteilzeit hat den Stress erheblich abgebaut." Insgesamt gehen die Lehrer im Schnitt mit 62,4 Jahren in den Ruhestand und damit nur knapp zweieinhalb Jahre unter der Altersgrenze von 65 Jahren.
Entwarnung also bei den angeblich ausgepowerten Lehrern? Nicht ganz: Denn im Vergleich zu den sonstigen BeamtInnen - etwa in Justiz, Ämtern und Stadtverwaltungen - gehen die Lehrer immer noch um 7 Prozentpunkte häufiger wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand.
Für Verbandschef Eckinger sind die Gründe klar: "Selbst Feuerwehrleute und Polizisten sind nicht so stark in Anspruch genommen wie die Lehrer", sagt er. Dies hatte eine von 2000 bis 2006 durchgeführte Lehrerbelastungsstudie der Universität Potsdam ergeben. Bei 60 Prozent der LehrerInnen wurde eine Gefährdung der psychischen Gesundheit festgestellt.
Für Bildungsforscher Klaus Hurrelmann sind die Arbeitsbedingungen der PädagogInnen aus mehreren Gründen problematisch: So gebe es in den Kollegien wenig Rückmeldung, wenig Anerkennung für Leistung und unklare Aufstiegsmöglichkeiten. "Lehrer sind oft Einzelkämpfer, die aber nur scheinbar allein bestimmen können."
Gleichzeitig sieht Hurrelmann aber auch eine Eigenverantwortung. Er schätzt, dass etwa die Hälfte der Lehrer über 50 Jahre Fortbildungsbedarf habe, etwa im Umgang mit elektronischen Medien oder bei ihren sozialen Kompetenzen. "Viele hinken methodisch hinterher", sagte Hurrelmann. Dies könne ein Gefühl der Überförderung erzeugen - und auch ein Grund für Frühpensionierungen sein.
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