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Burka-Verbot in NiedersachsenSchwarz-grünes Bündnis gegen Burkas

Die Grünen wollen islamische Ganzkörperschleier im öffentlichen Dienst in Niedersachsen per Gesetz verbieten. Das fordert auch CDU-Innenminister Schünemann.

"Weder Huren noch Unterwürfige": Mit dieser Parole, mit der sich französische Musliminnen in den Trabantenstädten gegen Männergewalt wehrten, demonstrieren hier Burka-Trägerinnen in Paris gegen das französische Anti-Burka-Gesetz. Bild: dpa

HANNOVER taz | Ein Burka-Verbot im öffentlichen Dienst fordern die niedersächsischen Landtagsgrünen. Man befürworte ein "ausnahmsloses Verbot des Ganzkörperschleiers" in Ämtern und Behörden, heißt es in einem Beschluss, den die Fraktion einstimmig bei zwei Enthaltungen gefasst hat.

Damit gehen die Grünen eine ungewöhnliche Allianz mit Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ein: Der hatte die Verbots-Debatte im Frühjahr nach Niedersachsen getragen, als Hessen einen entsprechenden Erlass eingeführt hatte. Der islamische Ganzkörperschleier habe im öffentlichen Dienst "nichts zu suchen", findet Schünemann, der Staat müsse Gesicht zeigen. Weltanschauliche und religiöse Neutralität gebiete schon die Verfassung.

Schünemanns Plan: Bei der anstehenden Änderung des Beamtenrechts zur Einführung der Rente mit 67 soll das Burka-Verbot in einem zusätzlichen Artikel aufgenommen werden. Im Herbst soll der Landtag über die Gesetzesänderung abstimmen, derzeit beraten die Fraktionen der schwarz-gelben Landesregierung einen Entwurf.

Ganz einig sind sich FDP und CDU dabei nicht: Die Debatte führe "an der Realität der öffentlichen Verwaltung Niedersachsens vorbei", sagt etwa der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen. Die Liberalen teilten zwar grundsätzlich die Auffassung, dass Burkas nicht in den öffentlichen Dienst gehörten. In niedersächsischen Behörden sei das aber derzeit gar kein Thema.

Konkrete Fälle von Frauen, die mit Burka im öffentlichen Dienst arbeiten wollen, sind weder dem Innenministerium noch der Schura Niedersachsen als dem größten Moscheenverband des Landes bekannt. Der innenpolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Ralf Briese, aber hält es "für nicht unwahrscheinlich, dass ein solcher Fall in Zukunft kommen wird". Und dafür wolle man sich "frühzeitig und präventiv positionieren".

Die Rechtslage zur Burka

Weil eine Angestellte der Stadt Frankfurt voll verschleiert im Bürgeramt arbeiten wollte, hat Hessen im Februar 2011 als erstes Bundesland ein Burka-Verbot im öffentlichen Dienst erlassen.

Im öffentlichen Raum generell verboten ist die Burka in Frankreich und Belgien.

In Deutschland wäre ein Komplettverbot nicht möglich: Es schränkt die Grundrechte auf Glaubensfreiheit und ungestörte Religionsausübung ein.

Ein Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen ist laut Bundesverfassung nur rechtswirksam, wenn Landesgesetze - die CDU und Grüne für ein Burka-Verbot in Niedersachsen schaffen wollen -, einen solchen Grundrechts-Eingriff regeln.

Mit ihrem Vorstoß setzen sich die Landesgrünen von der Bundespartei ab. Während die grüne Bundestagsfraktion Forderungen nach Anti-Burka-Gesetzen als Versuch bezeichnet, "auf populistische Weise Punkte zu sammeln" und dabei anti-islamische Ressentiments zu nutzen, sieht Briese auf die Grünen in Hannover im Herbst eine "komplizierte rechts-, integrations- und frauenpolitische Frage" zukommen. Auf die hat sich die Fraktion mit einem gleich mehrseitigen Beschluss vorbereitet. Verfasst haben den neben dem Innenpolitiker Briese auch der Rechtspolitiker Helge Limburg und die Migrationspolitikerin Filiz Polat.

Wie Innenminister Schünemann - sonst laut Briese "gerade in Fragen von Integration und religiöser Toleranz kein Freund der Grünen" - berufen sie sich auf das allgemeine Neutralitätsgebot für BeamtInnen und öffentlich Bedienstete. Dem widerspreche das Tragen der Burka, es könne "das Vertrauen in die Objektivität staatlicher Dienstleistungen erschüttern", heißt es in dem Fraktionsbeschluss.

Zudem gelte das Grundrecht auf Religionsfreiheit auch für die KundInnen von Ämtern und Behörden - und die sei durch "eine demonstrative Religionsausübung" wie die Vollverschleierung eingeschränkt.

Als "integrationspolitisch falsches Signal" hatten die Grünen es noch gewertet, als Niedersachsen 2004 ein Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen im Schulgesetz verankert hatte. Die Burka hingegen sei ein "stärkeres und umstritteneres religiöses Symbol als das Kopftuch", findet Briese heute. Für die Mehrheit der Gesellschaft bedeute ihr Anblick "eine totale Überforderung" - wie viel Religiosität man tolerieren könne, sei stets eine "Gratwanderung". Nicht wenige Frauen würden "sich und die Errungenschaften der Emanzipation bedroht sehen", sagt er.

Avni Altiner, Vorsitzender des Moscheenverbandes Schura Niedersachsen, sieht in der Verbots-Debatte derweil "von Politikern gemachte Hysterie, die wir nicht brauchen". Nicht nur, dass er von keinem Fall einer vollverschleierten Muslimin im niedersächsischen Staatsdienst weiß. "Jeder Muslim sollte selbst so schlau sein, zu wissen, dass man so nicht im öffentlichen Dienst arbeiten kann, wo man ständig Menschen gegenübertritt", sagt Altiner.

Außerdem sei allseits bekannt, dass man mit entsprechenden Wünschen dem Ansehen aller Muslime schade - und Ängste schüre.

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12 Kommentare

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  • K
    kaleb

    Wenn die Muslima wie auf dem Foto schon selbst bekennen, aus freien Stücken die Burka zu tragen, dann sollten die selbsternannten Frauenretter der CDU (die wohl gerne wüssten, was unter der Burka so los ist) ihren Eifer zügeln.

    Eine Pflicht zur Blöße wäre mit dem GG unvereinbar, und das Vermummungsverbot bezieht sich nur auf das Versammlungsrecht.

    Mulimas haben das Recht, sich gegen Gaffer und Spanner zu schützen. Dies ist auch mit der Ehe als Schutzgut Art. 6 GG in Einklang.

    Eine Burka gefällt mir als Mann immer noch besser als der Ausschnitt von Lena (rechts in de Werbung), wobei es noch Schlimmere gibt.

    Es ist ein Skandal, dass westliche Frauen so wenig von Distanz verstehen, selber aber halbnackt prominieren und bei jedem Mann, der an einen Baum pisst, schreien: "Der hat mich sexuell belästigt!"

  • B
    bla

    leute bitte!!! werden wir nicht ein bisschen pedantisch?!?!?

    meiner meinung nach war es nur eine frage der zeit!!! und so schlecht finde ich es gar nicht... das verbot bezieht sich ja nur auf das "öffentliche leben"!

    außerdem ist an ein bisschen laizismus nichts auszusetzen finde ich...

  • O
    Omar

    Ich finde, es sollte auch mal eine Volksabstimmung stattfinden, ob wir denn alle sooo gerne Punks als Sachbearbeiter haben wollen. Vielleicht hat ja auch der ein oder andere etwas dagegen, wenn das Kinn von Männern durch einen Bart verdeckt wird? Wie ist es eigentlich mit Brillenträgern? Was genau haben die zu verstecken? Und wehe eine Frau verdeckt ihr Dekolleté.

     

    Wie es es eigentlich mit Leuten, die mit Krawatte herumlaufen? Halten wir es aus, dass jemand offensichtlich der breiten Öffentlichkeit einen Teil seines Hemdes vorenthalten möchte? Ich finde, dass eine Krawatte total überfordert. Außerdem ist die Krawatte ein starkes Symbol für Rechtsgängelung. Jeder zweite Rechtsverdreher von einem Juristen trägt sehr oft eine Krawatte. Das muss einem doch zu denken geben!

     

    Das Zitat von Marc-Uwe Kling zu Grünen in "Zug der Opportunisten" ist immer noch super: "Doch die Blumenkinder - wer konnt' das ahnen - gingen den Weg aller Bananen: Heute grün und morgen gelb und übermorgen schwarz!"

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Statt Burka-Verbot sollte geklärt werden, wie viel von den Beamten zu sehen sein muss.

     

    Ob jetzt jemand in Burka vor mit sitzt oder in einem Wookie-Kostüm macht für mich keinen großen Unterschied: Ich sehe die Person nicht.

     

    Allgemein: Wie viel Uniformierung wollen wir für Beamte? (jede Art der Kleiderregelung ist eine Uniformierung)

  • A
    alabasta

    ...als wäre die Stimmung noch nicht aufgeheizt genug. Aufgrund der sehr niedrigen Zahl der Burkaträgerinnen, sehe ich in dem Burkaverbot eine populistische Aktion. Die Stimmungsmache soll die rechte Parteibasis befrieden, die ua. durch die Diskussion um den 'Atomausstieg' in ihrem Selbstverständnis geschwächt ist. Dumme Politik auf Kosten einer Minderheit in der Minderheit.

  • S
    Stefan

    Sehr vorausschauend. Es ist nähmlich etwas anderes, ob eine Sache bereits im Vorfeld grundsätzlich nicht erlaubt wird oder im konkreten Fall wieder verboten wird. Zweites würde wieder Opfer schaffen.

  • G
    Gesetzgeber

    Wo bleibt eigentlich das Gesetz, das es verbietet, im öffentlichen Dienst nackt zu arbeiten? Der Anblick wäre dem Bürger ja auch nicht zuzumuten. Und das Gesetz, den ganzen Tag im Kopfstand zu verbringen? Ach, es gäbe noch so viele schöne Gesetze zu erlassen...

  • A
    Andreas

    Man sollte eine Volksabstimmung starten, das Volk muss die Macht haben!!

  • E
    Elvenpath

    Der Arbeitgeber bestimmt die Kleiderordnung. Und alles, was sich im "normalen" Rahmen bewegt, ist zumutbar.

    Extrawürste für Sektenmitglieder haben da keinen Platz.

    Religion gehört in's Privatleben.

  • P
    piccolomini

    ich hätte niemals gedacht, dass die grünen zu so einem gedankengang fähig sind. die paradoxe diskrepanz zwischen dem grünen kampf gegen die unterdrückung der frau und ihrer kritik- und bedingungslosen begeisterung für den islam scheint sich hier bemerkbar zu machen.

  • P
    pablo

    "Weltanschauliche und religiöse Neutralität gebiete schon die Verfassung." Der Schünemann sollte dann mal mit seinen PArteikollegen in Süddeutschland(vor allem in Bayern) über die erligiöse Neutralität des Staates in staalichen Schulen sprechen. Aber nein das Kreuz an dem der olle Jesus hängt ist ja kein religiöses Symbol. Auch sehr gut "der Staat soll Gesicht zeigen" so wie die vielen vermummten Polizeibeamte auf Demos........

  • KB
    karin bryant

    Das Verbot von Ganzkoerper-Schleiern sollte in der gesamten EU Zone gelten.