■ Die populäre Konzertführerin: Buntes gegen den Einheitsbrei
Das geht ja gut los: Noch bevor der Kulturmonolith „Einheitsfeier“ die Hansestadt erschlägt, beehren Type-O-Negative das Aladin. Aber nachdem die geläuterten Nazi-Rocker Böhsen Onkelz unbehelligt der Kosmetik halber in Bremen gegen Rechts rocken durften, bleibt zu befürchten, daß auch die dumpfbraune Vergangeheit von Bandleader Peter Steele keinen interessiern dürfte. Musikalisch gehören die New Yorker sicher zu den derzeit besten Acts der Metal-Szene – daß Steele sich aber vor zwei Jahren in diversen Interviews, die eigentlich dazu da waren, seine minderheitenfeindlichen Texte in der Vorgängerband Carnivore zu relativieren, noch tiefer in die Nesseln setzte und daraufhin alle Konzerte einer geplanten Tour wegen befürchteter Gegenaktion abgeblasen wurde, ist Vergangenheit. Und die soll man ja bekanntlich ruhen lassen.
Zum Glück gibt es auch lohnendere Alternativen zum multikulturellen Bratwurst Essen in der Innenstadt: „Wenn schon feiern, dann richtig“ heißt das Motto gegen die gesamtstädtische Gleichschaltung von Presse und Kultur am Samstag im Schlachthof. Der ganz große Bringer fehlt beim bunten Spektakel der weniger staatstragenden Kulturgemeinde der Hansestadt – das Londoner Trio Scarfo, das Punk, Ska und die Songwriterqualitäten der legendären Jam unter einen Hut bringen sollen, ist hierzulande noch ein unbeschriebenes Blatt. Eine verläßliche Größe sind aber die Freistil-Lärmer Megakronkel aus Holland. Die Vertracktheit des Jazz, die Urgewalt des Punk und eine vor allem an Wochenenden patriotischer Trunkenheit wohltuende „Gegen alles“-Einstellung zeichnen die Lärmartisten aus. Was besonderes haben sich die Dry Halleys ausgedacht: Neben eigenem, politischen Material haben die Elektrotüftler auch kurdische Songs mit dem Sänger Rezan Kaya einstudiert. Zu den Einfallsreichsten gehören die multiplanetarischen Bremer mit ihrer Mischung aus forderndem Elektrolärm und gitarrenlastigen Songstrukturen ohnehin. Um 20 Uhr geht–s los.
Stoisch das Theater drumherum ignorierend hat sich am Montag Andrew Raochford angekündigt: den alten Hendrix hat der kahlköpfige Rocker gefressen, und auch Funk gehört zum tanzbaren Schwitzvergnügen ab 20 Uhr im Modernes, wenn es, jungunionistischer Aneignungen des Slogans zum Trotz, wirklich heißt „Black is beautiful.“
Trost für jene, die beim Versuch, nicht widerspruchslos mitzufeiern der Staatsgewalt zum Opfer gefallen sind: die Hardcore-Legende No Means No schafft es Dienstag, 20 Uhr, bestimmt, mit basslastigem, gesangsstarken Innovativ-Core auch die geschundensten Glieder zum Tanzen zu bringen. Nach langjähriger Pause haben sich die drei Kanadier wieder zusammengerauft, um in der Kesselhalle an die legendäre Tradition ihrer schweißtreibenen Livekonzerte auch in größeren Hallen anzuknüpfen. L.R.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen