Bundestag will Solarkürzungen verschieben: Demo voller Strahlkraft
Tausende Beschäftigte der Solarbranche gehen in Berlin gegen die Subventionskürzungen auf die Straße. Die Opposition erhebt Froschfresser- und Froschschützervorwürfe.
BERLIN taz | Solarbranche und Oppositionsparteien forderten am Montag die Bundesregierung auf, die geplante zusätzliche Kürzung der Solarförderung zurück zu nehmen. Tausende Mitarbeiter von Solarunternehmen demonstrierten vor dem Brandeburger Tor in Berlin, sie fürchten den Verlust tausender Arbeitsplätze.
Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet mit einem Markteinbruch von bis zu 75 Prozent. Am Donnerstag berät der Bundestag in erster Lesung über die Vorlage von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).
Nach wochenlangem Streit hatten sich die beiden Minister geeinigt, bereits am 9. März die Vergütung für Solarstrom zu kappen – je nach Anlagengröße um bis zu 37 Prozent. Bereits im Januar war es zu einer Kürzung um 15 Prozent gekommen. Gestern zeichnete sich allerdings ab, dass der Bundestag zumindest die zusätzlichen Kürzungen auf April verschieben wird.
Die Solarbranche spricht von einem „Solarausstiegsgesetz“. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Regierung vor, sie wolle die Energiewende in Wahrheit verzögern, um eine Begründung zu finden, Atomreaktoren wieder länger laufen zu lassen. „Das ist es, was die gerade vorbereiten“, sagte Gabriel.
Die übermächtige Konkurrenz aus China
„Es geht schlicht und ergreifend darum, die erneuerbaren Energien vom Markt zu drängen“, sagte der Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin. „Froschfresser Rösler und Froschschützer Röttgen“ wollten in Wahrheit auch andere Formen der erneuerbaren Energien ausbremsen.
Trittin kritisierte damit eine Neuregelung, nach der künftig Umwelt- und Wirtschaftsministerium gemeinsam per Verordnung darüber entscheiden können, wie weit die Förderung erneuerbarer Energien gesenkt wird. Bisher entschied darüber der Bundestag. Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei forderte die Regierung auf, ein Unterstützungsprogramm für die Solarbranche aufzulegen. Sie leider derzeit stark unter chinesischer Konkurrenz.
Die Diskussion um eine zusätzliche Kürzung der Solarförderung war aufgekommen, nach dem die Modulpreise im vergangenen Jahr stark gefallen war, was zu einem Ausbau von rund 7,5 Gigawatt in Deutschland geführt hat.
Die Branche selbst hatte weitere Kürzungen in Betracht gezogen, allerdings nicht in so kurzen Zeiträumen – schließlich müssten Investoren verlässlich planen können. „Wir fürchten ernsthaft, dass dieses hastig zusammengeschusterte Gesetz unsere Forschung und die deutsche Industrie um die Früchte ihrer Arbeit bringt“, sagte der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesystem, Eicke Weber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken