Bundestag debattiert zur Frauenfrage: Wenig Anstrengungen
Scharf kritisiert die Opposition den deutschen Bericht zur Frauendiskriminierung für die Uno. Aktive Gleichstellungspolitik betreibe die Bundesregierung einfach nicht
"Duck and Cover" scheint die Devise zu sein, wenn die Bundesregierung erklären soll, warum Frauen in Deutschland noch so stark diskriminiert werden. Heute debattiert der Bundestag den sechsten Staatenbericht zu diesem Thema für den CEDAW-Ausschuß, der das Abkommen der Vereinten Nationen "zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau" überwacht. Offensiv ist die Regierung damit bisher nicht umgegangen.
Eine geplante Anhörung zum Bericht kam nicht zustande. Dass er nun zum Internationalen Frauentag im Plenum erscheint, wertet die Opposition als Notmaßnahme: "Es soll verschleiern, dass die Regierung zu diesem Tag keine eigene Initiative ergreift", so Irmingard Schewe-Gerigk von den Grünen. Und die Linke stichelt mit einem Antrag, den Internationalen Frauentag zum Feiertag zu erheben.
Es ist nicht ganz verwunderlich, dass die Regierung ihre Gleichstellungspolitik nicht ausführlich erörtern möchte: Der Stand ist nicht berauschend. Einer der größten Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in der ganzen EU, eine der geringsten Zahlen von Frauen in höheren Positionen - und leider auch nur sehr wenig Anstrengungen, dies zu ändern. Das ist keine Mischung, mit der eine Regierung gerne Reklame macht.
Der CEDAW-Ausschuss hatte bemängelt, dass zu wenig gegen die in Deutschland herrschenden Geschlechterstereotype getan würde. Auch engagiere die Regierung sich nicht für die gerechte Entlohnung von Frauen und ihren beruflichen Aufstieg. Zudem sollte sie die Auswirkungen ihrer Gesetze wie etwa der Hartz-Reformen auf Frauen prüfen.
Nun hat die Regierung immerhin Elterngeld und Vätermonate vorzuweisen, was sie in ihrem Bericht auch ausführlich betont. Sie führt außerdem aus, dass es viele neue Teilzeitarbeitsplätze für Frauen gibt -das allerdings läßt sogar die FDP höhnen: "Teilzeitarbeit blockiert berufliche Karrieren", kritisiert die frauenpolitische Sprecherin Ina Lenke. Und die Evaluation der Hartz-Gesetze? Soll 2007 vorliegen, sagt die Bundesregierung in dem Bericht. Jetzt ist 2008. Eine Evaluierung gibt es nicht.
Bei allem, was klassische Gleichstellungspolitik ist - diskriminierungsfreie Löhne, ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft oder Gender Mainstreaming - hat die Regierung sich kaum engagiert. So kündigte das Innenministerium zwar einst vollmundig an, es wolle den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes so gestalten, dass auch typische Frauenarbeiten gerecht bewertet werden. Passiert aber ist nichts. Eine luftige Vereinbarung mit der Wirtschaft über Gleichstellungsmaßnahmen, die 2001 abgeschlossen wurde, erbrachte ebenfalls kaum einen Effekt. Linkspartei, Grüne, DGB und Frauenrat fordern seit langem ein Gesetz, das Firmen zum Handeln verpflichten soll.
Und das Prinzip des Gender Mainstreaming, also eine Art Gesetzfolgenabschätzung für Männer und Frauen, zu der die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet ist, stellt das Frauenminsterium nun sogar selbst in Frage. Die Interministerielle Arbeitsgruppe, die
Gender-Projekte vorantreiben sollte, wurde aufgelöst. "Mit der Übernahme des englischen Begriffs 'Gender Mainstreaming' sind mancherorts Widerstände entstanden, die eine nachhaltige Verankerung des Anliegens behindert haben", heißt es im Bericht. Man wolle die Gleichstellungspolitik nun "neu ausrichten". Henny Engels, Geschäftsführerin des Frauenrats, muss darüber lächeln: "Shareholder Value" können alle aussprechen, aber "Gender Mainstreaming" ist natürlich zu kompliziert."
Und so scheint nicht nur Oppositionsrhetorik, was die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, der Regierung bescheinigt: "Mit der Großen Koalition findet keine aktive Gleichstellungspolitik mehr statt".
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