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■ Bundestag: Das Nichtraucherschutzgesetz ist vorerst gescheitertGute (Lobby-)Arbeit

Das Nichtraucherschutzgesetz ist gescheitert – nur einen Tag vor der Entscheidung über den Lauschangriff. Zumindest die Raucher können feiern, ihre persönliche Freiheit bleibt unangetastet. Ein Sieg der Liberalität? Wohl eher ein Sieg der Tabakindustrie. Das Scheitern des Nichtraucherschutzgesetzes zeigt beispielhaft die Macht von Werbern und Lobbyisten über die öffentliche Meinung – und nicht zuletzt über die Entscheidungsträger in Bonn.

Traditionell hoch sind die Investitionen der Tabakwirtschaft in die Werbung. Wie kaum eine andere Branche arbeitet sie mit ihrem Image; für fünf Mark kaufen Kunden keine Sucht, sondern einen Lebensstil. Rauchen, das suggerieren zahllose Plakate und Kinospots, ist ein Akt der freien Persönlichkeitsentfaltung, eine emanzipatorische Handlung, die Individualität und Unabhängigkeit demonstriert.

Dementsprechend groß ist die Aufregung unter Rauchern, wenn in das eingegriffen wird, was sie als ihr angestammtes Recht erkennen. Auf Partys, am Arbeitsplatz und beim Essen: Rauchen ist ein Reizthema. Beide Seiten argumentieren mit ihrer persönlichen Freiheit. Selten ist es gelungen, eine selbstzerstörerische Sucht so konsequent als Selbstverwirklichung zu verkaufen.

Jetzt schien der Wind sich langsam zu drehen. Rauchen ist längst nicht mehr so akzeptiert wie noch vor zehn Jahren. Die Vereinigten Staaten haben konsequent Rauchverbot durchgesetzt, auch hierzulande schien das Nichtraucherschutzgesetz greifbar nah. Da schlug die Stunde der Lobbyisten. Schon lange überweist die Tabakindustrie stattliche Summen auf Parteikonten. Kurz vor der Abstimmung im Bundestag warnte das Institut der deutschen Wirtschaft vor Verlusten in Höhe von 33 Milliarden Mark jährlich, die auf die Industrie im Falle eines Nichtraucherschutzgesetzes zukämen. Die Initiatoren des Gesetzes sprechen schlicht von einem Gefälligkeitsgutachten.

Die Bundestagsmehrheit gegen das Nichtraucherschutzgesetz war deutlich. Es ist unerheblich, ob das Gesetz in der jetzigen Form übertrieben oder angemessen ist. Die Tabakkonzerne haben deutlich ihre Macht gezeigt – doch ob sie die dauerhaft verteidigen können, ist zweifelhaft. Europaweit sind die Raucher auf dem Rückzug, am Arbeitsplatz oder auf Flugreisen verhängen Unternehmen freiwillig Rauchverbote, und in naher Zukunft wird die letzte Zigarettenreklame über die Kinoleinwand flimmern. Der nächste Gesetzentwurf für ein Nichtraucherschutzgesetz kommt bestimmt. Sascha Borrée

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