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Archiv-Artikel

Bundesrichter stärken Rechte von Gaskunden

Preisänderungsklausel darf Kunden nicht benachteiligen. Verbraucherschützer sehen Urteil als „Meilenstein“

KARLSRUHE dpa ■ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Gaskunden gegen einseitige Preiserhöhungsklauseln der Versorgungsunternehmen gestärkt. Nach einem Urteil vom Dienstag sind Vertragsbestimmungen unwirksam, die nur das Recht zur Anhebung der Preise vorsehen, den Versorger aber bei fallenden Bezugskosten nicht zur Senkung der Preise verpflichten.

Das Karlsruher Gericht gab einer Klage von rund 160 sächsischen Verbrauchern gegen die Erhöhung ihrer Gaspreise in den Jahren 2005 und 2006 statt und erklärte eine Preiserhöhungsklausel in den Verträgen der sächsischen Enso Erdgas GmbH für unwirksam. Damit müssen die Betroffenen während der zweijährigen Vertragslaufzeit keine Anhebung des Entgelts hinnehmen. Das Urteil gilt allerdings nicht für Tarifkunden, sondern für Privatabnehmer mit „Sonderverträgen“ – häufig Haushalte, die mit Gas heizen. Für Tarifkunden gilt nach einem BGH-Urteil vom Juni 2007 nur eine eingeschränkte gerichtliche Nachprüfbarkeit der Gaspreise. Die sächsische Verbraucherzentrale, die die Klagen koordiniert hat, nannte das Urteil einen „Meilenstein im Kampf gegen die ständig steigenden Gaspreise“. Es habe bundesweite Bedeutung, weil viele Gerichte auf die Vorgaben aus Karlsruhe warteten, sagte die Juristin Bettina Dittrich. Eine große Zahl der Privatverbraucher habe solche „Sonderverträge“.

In den Verträgen hatte sich Enso zwar das Recht ausbedungen, höhere Einkaufspreise ihrer Lieferanten an die Kunden weiterzugeben. Von sinkenden Kosten der Versorger – in den letzten Jahren ein eher theoretisches Szenario – sollten die Verbraucher laut Vertrag nicht zwingend profitieren. Das sei eine unangemessene Benachteiligung der Kunden, entschied der BGH-Kartellsenat. Gasversorger dürften das Risiko schwankender Einkaufspreise nicht einseitig den Kunden auferlegen. (Az.: KZR 2/07 vom 29. April 2008)

Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn sprach von einer „Ermutigung für Tausende Gaskunden, die sich gegen willkürliche Preiserhöhungen zur Wehr setzen“. Baden-Württembergs Verbraucherminister Peter Hauk (CDU) forderte Konsequenzen aus dem Urteil: „Die Transparenz der Gaspreise muss deutlich erhöht werden.“ Fragwürdige Klauseln, die Bindung an den Ölpreis und unklare Kostenkalkulationen verwirrten den Verbraucher.