Bundespräsidenten-Wahl: Werbetour im Wulffs-Rudel
Union und FDP fürchten um ihre Mehrheit bei der Wahl des Bundespräsidenten. Deshalb macht Christian Wulff mit einem Stab aus CDU-Mitarbeitern Wahlkampf in den eigenen Reihen.
BERLIN taz Der niedersächsische Landtag plant schon mal vor. Für den Fall, dass Ministerpräsident Christian Wulff am 30. Juni zum Bundespräsidenten gewählt wird, lädt das Länderparlament für den 1. Juli zu einer Sondersitzung, um einen Nachfolger für Wulff zu küren. Doch ob die Präsidentenkür nach dem Wunsch der Regierung verläuft, scheint selbst in Unions-Kreisen nicht mehr selbstverständlich.
Immer mehr FDPler erklärten, für den rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck stimmen zu wollen. Nun will der Präsidentschaftskandidat der Regierungsparteien in den kommenden Wochen bei den Wahlmännern von Union und FDP werben. Dafür stellt ihm das Konrad-Adenauer-Haus nach taz-Informationen einen Stab von sieben bis acht Mitarbeitern.
Ein CDU-Sprecher sagte der taz, dies sei nichts Ungewöhnliches. Auch für die früheren Unions-Kandidaten seien Stäbe eingerichtet worden, beispielsweise für Roman Herzog und Horst Köhler. Am Dienstagnachmittag wollte sich Wulff den Bundestagsabgeordneten von Union und FDP vorstellen, um für sich zu werben.
Zuvor hatte die sächsische FDP angekündigt, ihren sieben Wahlleuten in der Bundesversammlung freizustellen, für wen sie stimmen. Die Stimmung im Landesverband tendiere zu einer Wahl des ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck. Ähnlich äußerte sich die thüringische FDP, die sich noch nicht offiziell festgelegt hat und drei Wahlleute stellt.
Damit droht die Regierungsmehrheit in der Bundesversammlung von 22 bis 24 Stimmen zu schmelzen. Auch um dem entgegenzuwirken, plant Wulff eine Art Wahlkampf in den eigenen Reihen. Ende Juni wird der Präsidentschaftskandidat beim CSU-Parteitag in Nürnberg auftreten. Unter den rund 200 Delegierten sind auch fast sämtliche CSU-Wahlleute. Laut Münchner Merkur plant Wulff zudem angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse einen Besuch bei Bayerns Freien Wählern. Deren Wahlleute wollen bislang mehrheitlich Gauck unterstützen.
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