piwik no script img

Bundespräsident in GriechenlandGauck bittet um Verzeihung

Der Bundespräsident besucht in Griechenland ein von den deutschen Besatzern 1943 ausgelöschtes Dorf. Reparationszahlungen schließt Gauck aus.

Bundespräsident Gauck während der Zeremonie in Lyngiades Bild: ap

BERLIN taz | Bundespräsident Joachim Gauck hat in Griechenland um Verzeihung für die Verbrechen während der nationalsozialistischen Besatzungszeit gebeten. „Mit Scham und Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung“, sagte Gauck beim Besuch des Bergdorfs Lyngiades. Dort waren 1943 von Wehrmachtssoldaten 82 Frauen, Greise und Kinder ermordet worden. Die meisten Männer entkamen nur, weil sie zur Ernte unterwegs waren.

Gauck nannte das damalige Vorgehen der Deutschen „brutales Unrecht“. Weiter sagte er: „Ich verneige mich vor den Opfern der ungeheuren Verbrechen.“ Der Bundespräsident dankte dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias dafür, dass dieser sich trotz dieser Taten für die Versöhnung zwischen Deutschland und Griechenland einsetzt.

Der 84-jährige Papoulias wuchs in der unmittelbaren Nähe von Lyngiades auf und kämpfte selbst gegen die Besatzer. Das Dorf ist einer von über 100 griechischen Orten, die während der deutschen Besatzung zerstört wurden – meist als sogenannte Vergeltung für Aktionen des Widerstands.

Zu den von Griechenland verlangten Reparationen in Höhe von über 100 Milliarden Euro hatte Gauck am Donnerstag die deutsche Position wiederholt – dafür gebe es keine rechtliche Grundlage. Auf die Forderungen Papoulias und des linken Oppositionsführers Alexis Tsipras nach Entschädigungszahlungen sagte Gauck: „Sie wissen, dass ich darauf nur so antworten kann, dass ich meine, der Rechtsweg ist abgeschlossen.“ Griechenland hat 1960 Reparationen in Höhe von 115 Millionen D-Mark erhalten. Weitere Zahlungen lehnt der Bund ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • TS
    Thomas Sch.

    Nun, da Sie ja offenbar über mehr Wissen als ich verfügen, können Sie uns ja doch auch bestimmt mitteilen, wie das mit den Partisanen, den Kombatantten und den Freischärlern war und wer wann wen völkerrechtskonform und wer wann wen widerrechtlich massakriert hat und was das Kriegsvölkerrecht jeweils zu den einzelnen Vorgängen sagt.

  • Ob Gauck angesichts dessen nun endlich begreift, dass er die DDR nicht mit den Nazis vergleichen darf? Ich bleibe skeptisch...

  • MF
    Michael Fricke

    @Thomas Sch.

    Solche Äußerungen kann man nur machen, wenn einem das Wissen fehlt:

    die Italiener haben keine Massaker wie die Deutschen angerichtet, Sie haben sich 1943 aus dem Bündnis mit Deutschland befreit - sofort wurden auf Kefalonia ca. 5000 italienische Offiziere und Soldaten ermordet.

    Die Ermordung von über 80 000 Griechen und 55 000 Juden haben allein die Deutsche Wehrmacht und die SS zu verantworten!

  • B
    BieneMaja

    ich war nicht dabei, nicht mal mein vater war da geborren, es geht mich schlicht nichts an und ich habe keine lust, auch nur einen cent dafür zu bezahlen

     

    gauck kann ich trotzdem nicht leiden

  • TS
    Thomas Sch.

    Soweit mir bekannt ist, war es eigentlich Italien, das im zweiten Weltkrieg Giriechenland angegriffen hat. Die deutsche Wehrmacht wurde dann um Hilfe gerufen, weil die Italiener mit der Besetzung des Landes nicht zurechtkamen. Athen sollte sich mit seiner finanziellen Bitte doch eigentlich an Rom wenden müssen.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Thomas Sch.:

      Gute Idee, einfach auf andere schieben.

  • Das deutsche Staatsoberhaupt führt am 19.Juni vor US-Präsident Obama vor Schloß Bellevue, seine Minderwertigkeitskomplexe vor. Bezeichnet waren auch die Tränen, die bei der Amerikanischen Nationalhymne in seine Augen stiegen.

    Was will man von diesem Bundespräsidenten auch erwarten, wenn dieser nach Griechenland eingeladen ist. Der frühere Wanderprediger der Freiheit ist mit seinem Latein schon lange am Ende.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Seit Willy Brandt's Geste versucht es jeder auf die emotionale Art. Gelungen ist es bisher keinem.

  • W
    Wolf

    Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis wieder Demonstranten den Rücktritt des Bundespräsidenten fordern. Herr Gauck schafft es kaum, mal eine Rede zu halten, ohne weite Teile der deutschen Bevölkerung zu beleidigen.

  • E
    emil

    voll super diese deutschen kontinuitäten. moral spielte weder im kz eine rolle, noch heute wenn es um die bewertung dieser handlungen geht. alles was zählt ist der rechtliche rahmen. wer im winterlichen kz mit einem zusätzlichen pullover erwischt wurde, wurde umgebracht. und zwar nicht aus willkür, sondern weil es gegen die geltenden regeln verstoßen hat, die dort galten. diese waren zumeist uneinhaltbar, aber dennoch stellten sie etwas da, worauf sich die ausführenden deutschen berufen konnten.

    heute sieht es eben genau so aus. aus einem moralischen verständnis ließe sich sagen, dass eine entschädigung unbedingt zu zahlen ist, allein schon um guten willen zu zeigen, wiedergutzumachen ist da ohnehin nichts. aber gauck weiß wie die dinge in deutschland laufen und beruft sich auf das recht. demnach wurde der ns in deutschland bereits abgewickelt und alles erforderliche ist getan worden.

    diese haltung ist beschämend und widerwärtig, offenbart sie doch die fehlende reflexivität. dass gilt es zu vergegenwärtigen. immerhin geht es nicht um sexuelle abweichungen a la edathy, die sich im legalen bereich bewegen, aber wo der volkszorn hochkocht. nein, es geht um einen institutionalisierten massenmord, bisweilen einen genozid, der munter von der deutschen bevölkerung getragen wurde und nun als abgehakt dargestellt wird. soweit laut gauck die rechtslage. aber das soll es gewesen sein? gauck steht für ein deutschland, dass seit 70 jahren den kopf einzieht und so tut, als wäre der ns ganz von selbst gekommen und wir wüssten gar nicht wie uns geschieht. weder früher, noch heute, vermutlich auch nicht in zkunft.

  • N
    äneas

    die einmalzahlung einer vermutlich unzureichenden summe

    wird den angerichteten schaden wohl eher nach dem homöophatischen prinzip gedeckt haben.man darf auch von der annamhe ausgehen ,dass sich griechenland erst einmal an der

    überhauptzahlung erfreute,die als erste grundlegende pauschal-

    reparation angesehen wurde.besondere härtefälle wie pogrome und massenermordungen waren sicher nicht mit eingerechnet.zu dem kommt die impertinenz der entschädigungsrechte,die einzelfälle nicht berücksichtigen will.

    ebenso kann nicht der rechtsnachfolger der täter die schadenssunmme und zulässigkeit

    von entschädigungsfällen festlegen.dazu bedarf es unabhängige instanzen.

    somit ist die gesamte entschädigungsrechtlichkeit nur eine schweigegeldmaßnahme und juristische trickserei,an dem sich leider auch das nicht unabhängige verfassungsgericht und das mir mittlerweile ebenso suspekte menschenrechtsgericht

    unrühmlich und rechtsbeugend beteiligt haben.

    anderseit wären auch an england

    entschädigungsforderungen von griechischer seite rechtlich haltbar und gerechtfertigt.haben die britten doch linksoppositionelle widerstandsgruppen niedergemacht

    die gegen nazisoldaten gekämpft hatten...wohl in zusammenhang mit griechischen royalisten und faschisten.aber ohne brittische hilfe wäre der militär.mord an den linksorientierten resistancelern

    nicht geschehen.die britten kochten dort noch eine eigene

    verbrecherische suppe.das ist bisher noch nicht international

    juristisch geklärt worden.und wenn nunzusammenwachsen soll was zusammen gehört,wäre auch das an der zeit hinreichend zu lösen.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Der BP macht was er am besten kann, mit traurigem Dackelblick dreinschauen, gravitätische Reden schwingen - und den Geldbeutel festhalten.

    115 Millionen D-Mark wurden ja aus der Portokasse bezahlt, die Griechen sollen sich halt nicht so anstellen. Sie hätten nur dabei sein müssen als Sowjets, Amerikaner, Briten und Franzosen den Kuchen verteilten. Jetzt ist es zu spät und Tränen kosten nichts.

    • @738 (Profil gelöscht):

      Der "Kuchen" ist das zerstörte Europa gewesen und wurde mit sehr viel Geld wieder aufgebaut. Die Alliierten (keine Ahnung was du mit Frankreich meinst) hätten Deutschland auch links liegen lassen können auch im kalten Krieg als die Sovjets vor der Tür standen. Man kann mit Geld die Infrastruktur wieder herstellen aber keine Leben bezahlen. Aus Griechenland sind ca~ 50000 Menschen vergast worden aber wie viel abseits der Gaskammern zu Tode kahmen weiß ich nicht. Das ganze fand gerade mal vor 73 jahren statt wenn ich von 1942 ausgehe. Die Faschisten gewinnen dort unten immer mehr Wählerstimmen und es ist auch im Interesse der Europäischen Union das dieses Land (und andere)nicht austritt oder rausgeschmissen wird. Ich fand die Worte wohl gewählt und respektvoll. Er hat Deutschland gut vertreten bzw repräsentiert. Kommt selten vor das ich das sage wenn es um unsere Politiker geht.

      • 7G
        738 (Profil gelöscht)
        @penz:

        Die "Sovjets" gehörten zu den Alliierten, sie standen nicht vor der Tür sondern hatten diese schon eingetreten.

    • N
      Nightsoul
      @738 (Profil gelöscht):

      Leid und nur Leid gab es damals von der deutschen wehrmach.

      Heute paar Tränen und ich verstehe euch ja aber sparpläne müssen eingehalten werden.KOTZ

      • G
        gast
        @Nightsoul:

        Andere Länder die man ausgeplündert hat (heute noch ausplündert), Millionen Menschen gefoltert und ermordet, da wird überhaupt nicht von Entschädigung gesprochen. Da ist kein Wort des Bedauerns, da geht Gauck nicht hin und sagt ich schäme mich für Deutschland oder Europa, oder all die Firmen die euch ausplündern, oder all die Kriege nur wegen der Erdschätze und das Leid der Menschen dort, die vielen Waisenkinder. Sind ja nur Afrikaner.

  • M
    Michael

    Es gibt viele solcher Dörfer in Griechenland. Die Deutschen haben ihre Taten verdrängt, Opfer zweiter Klasse denen man nicht gedenken muss, lieber Strand, Meer und antike Ruinen. Die Griechen haben bis 2008 still gelitten, auf ein zukommen der Deutschen gewartet, Worte hätte gereicht.

     

    In Deutschland sind -3000 Euro Dispo eine größere Schuld als verbrannte Mütter und Kinder in einer Scheune.

     

    Keine wirkliche Schuldgefühle bzw. Reue ohne versuch von Wiedergutmachung!