piwik no script img

Bundespräsident in BedrängnisGeerkens redete bei Wulffs Kredit mit

Ein Rechtsanwalt von Bundespräsident Wulff gibt nun zu: Egon Geerkens war bei den Verhandlungen über den Kredit dabei. Und sie verlangen ein Ende der Debatte.

Nur noch ein Schatten seiner selbst? Christian Wulff. Bild: dpa

BERLIN dapd | Der Unternehmer Egon Geerkens war nach Angaben des Anwalts von Christian Wulff an den Verhandlungen über einen Privatkredit an den heutigen Bundespräsidenten beteiligt. Wulffs Anwalt Gernot Lehr erklärte der Zeitung Die Welt, die Initiative für ein Privatdarlehen sei jedoch von Geerkens' Ehefrau Edith ausgegangen.

Die SPD mahnte Wulff zur Aufklärung. Aus der Koalition kamen dagegen Rufe nach einem Ende der Debatte. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, bei der Kritik an Wulff gehe es eher um Stilfragen.

Wulff hatte in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident 2008 für den Kauf seines Hauses einen Privatkredit aufgenommen und Anfang 2010 im Landtag erklärt, er habe keine geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens. Später sagte er, der Kredit sei von Geerkens' Frau gewährt worden.

Lehr erklärte in einer Stellungnahme, Geerkens sei aufgrund seines besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen zu Wulff in dessen Suche nach einem Haus eingebunden gewesen. "In diesem Zusammenhang ging die Initiative für ein Privatdarlehen von Frau Edith Geerkens aus. Die Modalitäten wurden gemeinsam besprochen, das Darlehen von Frau Edith Geerkens gewährt", schrieb Lehr.

Wulff hatte bislang nicht Stellung zu der Frage genommen, inwieweit Egon Geerkens in Verhandlungen involviert war. Dieser hatte aber im Nachrichtenmagazin Der Spiegel seine Beteiligung deutlich gemacht.

SPD erinnert Wulff an seine Äußerungen zu Johannes Rau

Der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold mahnte Wulff zur Aufklärung seiner Verbindungen zu Unternehmern. "Die Wahrheit kommt nur scheibchenweise ans Licht", sagte Pronold der Passauer Neuen Presse. Als der damalige Bundespräsident Johannes Rau im Jahr 2000 in eine Flugaffäre der WestLB verstrickt war, habe Wulff ihn zum Rücktritt aufgefordert. "Er muss sich auch fragen lassen, welche Maßstäbe er an sich selber anlegt", sagte Pronold.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach Wulff sein Vertrauen aus. In dem Fall gebe es keine handfesten Vorwürfe. "Es handelt sich eher um Stilfragen. Und da hat die Debatte etwas Pharisäerhaftes: Man sitzt in der Galerie und senkt oder hebt den Daumen", sagte de Maizière der Berliner Zeitung.

Der Vizechef der Niedersachsen-CDU, Hermann Kues, machte schlechten Stil bei Wulffs Kritikern aus. Einige von ihnen handelten scheinheilig, die Diskussion nehme bizarre Züge an, sagte der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium der Neuen Osnabrücker Zeitung. Wulff sei ein guter Bundespräsident, der es nicht verdient habe, systematisch schlecht geredet zu werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • D
    deviant

    @Bobo:

     

    Natürlich wird Merkel Wulff erstmal halten - schließlich hat sie Friede Springer und Liz Mohn erst auf Wulff losgelassen...man startet ja keine Ablenkungsdebatten, um sie dann vorzeitig abzuwürgen.

     

    [Eine sehr interessante These, die von Wolfgang Lieb in den NachDenkSeiten erläutert wurde, Zitat: "Ist eine hochwabernde öffentliche Debatte um einen Rücktritt des Bundespräsidenten nicht ein viel schöneres Thema, als eine Debatte über den europäischen „Selbstmord-Pakt“ den Merkel in Brüssel durchgesetzt hat. Da ist doch eine Kampagne gegen den Bundespräsidenten und womöglich eine neue Wahlkampagne zu einer Neuwahl in dieses Amt viel angenehmer, weil sie doch die öffentliche Aufmerksamkeit von den viel entscheidenderen Themen ablenkt."]

  • V
    Valecchi

    MENSCH EGON, MÄCHTIG GEWALTIG - ist das leider nicht und die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere das Bundespräsidialamt, sollte nicht von der Egon-Olsen-Bande regiert werden!!! Als der Herr Bundespräsident den "lieben Egon" die besagte, bekannt gewordene eMail zugesendet hatte, war jeden klar, dass der tatsächliche Kreditgeber der Unternehmer HERR GEERKENS war und ist - und nicht seine zum Schein vorgeführte Ehegattin.

    Wulff hat gelogen. Sein Abgang ist überfällig. Die Art und Weise seiner dilletantischen Kommunikation ist unerträglich.

  • V
    vantast

    Ich bezweifle, daß der Kredit von der Frau kam, auf ihrem Konto war bestimmt nicht so viel Geld, oder höchstens, um es vor der Justiz zu sichern. Mitleid mit Wulff ist nicht angebracht. Als andere sündigten, hat er auch ganz heftig ausgeteilt.

  • RK
    Rose Kreuzberg

    In der Frankfurter Rundschau habe ich das Interview mit Herrn de Maiziere in voller Länge gelesen.

    Natürlich ist ihm die anhaltende Debatte über den Bundespräsidenten sehr unangenehm.

    Seine Auffassung, dass es sich bei den Vorwürfen nur um Stilfragen handele, teile ich nicht. Mir ist es völlig egal, welche Hemden Herr Wulff trägt und ob er einen Etikettekurs braucht... Ich erwarte, dass er sich an geltende Gesetze, auch an die Steuergesetze hält. Interressant ist auch, dass er sich anscheinend doch ein bißchen für seine Freunde schämt: vom Anzeigengeschenk des Freundes Maschmeyer hat er nichts gewusst... Herr Geerkens musste erst selbst richtig stellen, dass er sehr wohl an den Verhandlungen für den Privatkredit teilgenommen hat... Dolle FReundschaften !

    Man muss sich ja fast fremdschämen für diesen "Herrn" an der Spitze des Staates.

  • B
    Bobo

    Es wird schwer nachzuweisen sein das Wulff Vorteilsnahme über Egon Geerkens erhielt - deswegen wurde der Deal ja über seine Frau abgewickelt.

     

    Die Pawlowschen Reaktionen bei Wulffs Parteigängern die in ins Amt gehoben haben waren vorauszusehen.

     

    Die CDU hat schon schlimmere Typen in den Reihen gehalten und Erfahrung im Rumdrehen von Tätern zu Opfern.

     

    Juristisch muss das mit seinem damaligen Ministeramt abgeklärt werden - und solange wird Merkel Wulff aufgrund ihrer Machtpolitischen Doktrin gehalten werden.

  • D
    deviant

    Wie soll es zu einem Ende der Debatte kommen, wenn jeden Tag neue Details von Wulff eingestanden werden müssen?

    Wer weiß, ob Wulff nach noch zwei Wochen Debatte nicht zugeben muss, dass er gern zum Frühstück Neugeborene verspeist, die Maschmeier über seine Kontakte einmal wöchentlich im Container aus Bangladesh einschmuggeln lässt?

     

    Die Debatte kann nur einer beenden, nämlich Wullf selbst, indem er endlich das Maul aufmacht und nicht mir dieser unsäglichen christlichkonservativen fortfährt, immer gerade das zuzugestehen, was schon alle wissen...Guttenberg hat's doch genauso gemacht und Duzfreund Maschmeier ebenso.

    Das ist das Prinzip Schnitzeljagd, da ist jeder Kriminelle selbst schuld, der trotz erwiesener Schuld weiter mauert - so bettelt man gerade darum, dass weiter gesucht wird.

     

    Andererseits hat so eine Salamitaktik natürlich den Vorteil der schleichenden Radikalisierung. Zuerst hat man möglicherweise Mitleid mit Wulff, weil da nur so'n kleiner Verdacht im Raum steht, und weil immer nur ein bisschen mehr eingestanden wird, radikalisiert man sich schleichend mit, obwohl man, wenn man von vornherein alles gewusst hätte, diesen Kriminellen aus dem Dorf gejagt hätte - einfach weil dieses neue kleine Detail ja nicht so viel am "eigentlichen Sachverhalt" ändere...so taucht man auch in den Rechtsradikalismus oder den Islamismus ab.