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Bundesbank reagiert auf Finanzpolitik

■ Der Zentralbankrat erhöht die Leitzinssätze Lombard und Diskont um je 0,5 Prozent/ Reaktion auf die hohe Neuverschuldung des Bundes/ WirtschaftsbeobachterInnen über Zinserhöhung überrascht

Frankfurt/Bonn (ap/dpa/taz) — Der Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank hat gestern um jeweils 0,5 Prozent den Diskontsatz auf 6,5 Prozent und den Lombardsatz auf neun Prozent erhöht. Die Anhebung der Leitzinsen kam für viele Beobachter überraschend, weil in mehreren europäischen Ländern in den vergangenen Monaten der Wunsch nach einer Lockerung der deutschen Hochzinspolitik laut geworden war.

Der Bundesverband deutscher Banken machte in einer Stellungnahme die Finanzpolitik der Bundesregierung für die Erhöhung der Zinsen verantwortlich. Offensichtlich rechnet die Zentralbank nicht mehr damit, daß die Bundesregierung die Steuern erhöht, um die Kosten der Einheit wieder hereinzuholen. Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier kritisierte, Bürger und Wirtschaft müßten nun mit höheren Zinsen die Zeche dafür zahlen, daß die Bundesregierung beim Einsparen kläglich versagt habe. Der Bundesverband deutscher Banken sieht die Entscheidung der Bundesbank als „Ausdruck der Sorge, daß von der Lohnpolitik und der Finanzpolitik wachsende Gefahren für den Geldwert in der Bundesrepublik Deutschland ausgehen, denen rechtzeitig begegnet werden muß“.

Die Veränderung der Leitzinssätze gehört zu den klassischen geldpolitischen Steuerungsinstrumenten der Bundesbank. Sie kann so die Kosten der Kreditinstitute steuern, die sich bei der Zentralbank mit Geld versorgen. Die Bundesbank kann mit der Leitzinssteigerung auch einen Teil der Gewinne der Geschäfsbanken abschöpfen, den diese durch die gestiegenen Zinsen verbuchen. Allerdings ist davon auszugehen, daß die Geschäftsbanken ihre höheren Kosten an die KundInnen weitergeben. Den Diskontsatz müssen die Banken an die Notenbank zahlen, wenn sie von Geschäftskunden hereingenommene Handelswechsel an die Bundesbank weiterverkaufen. Damit beschaffen sie sich flüssige Mittel. Der Lombardsatz ist der Zins, den die Banken für Kredite zahlen, die sie bei der Bundesbank gegen die Verpfändung von Wertpapieren aufnehmen können. dri

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