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■ Bundesanwaltschaft muß Belastungszeugen fallenlassenFalsche Fahndungsplakate

Das Konstrukt war von Anfang an, jetzt ist es zusammengebrochen. Zwischen Untertauchen und Mitgliedschaft in der Roten Armee Fraktion gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Alles spricht dafür, daß Christoph Seidler weder Mitglied der RAF noch Beteiligter bei dem Attentat auf den Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, gewesen ist. Der Haftbefehl, den die Bundesanwälte Anfang 1992 gegen ihn erwirkte, stützt sich ausschließlich auf die Aussagen eines windigen Zeugen mit dem Namen Siegfried Nonne. Dessen Angaben waren auch unter den Strafverfolgern sehr umstritten. Nonne, ein früherer Informant des hessischen Verfassungsschutzes, wurde von den Schlapphüten aus dem Verkehr gezogen, nachdem sich dessen Einvernahmen immer mehr zu therapeutischen Sitzungen entwickelten. Das hätte der Karlsruher Behörde als Warnung dienen können. Dennoch: Die Bundesanwälte hielten an der Glaubwürdigkeit des Mannes fest – weniger aus Überzeugung, sondern aus Mangel an Indizien. Der trübe Zeuge Siggi war für Karlsruhe der einzige Lichtblick.

Sieben Köpfe sind auf den Fahndungsplakaten in Sachen RAF aufgeführt – die Plakate können eingestampft werden. Denn jetzt weiß keiner, wer sich von denen, die in den Untergrund abgetaucht sind, tatsächlich der sogenannten Kommando-Ebene der RAF angeschlossen hat. Die simple Frage: Warum sollen nicht auch andere einen ähnlichen Weg wie Seidler gewählt haben, warum sollte die RAF-Gefangene Eva Haule lügen, wenn sie sagt, daß es noch mehrere solcher Fälle gibt?

So ganz neu ist die Überlegung nicht, daß die zur Fahndung Ausgeschriebenen möglicherweise wenig und vielleicht auch gar nichts (mehr) mit der RAF zu tun haben. Wer zugeben wollte, daß das Wissen um die RAF in den Jahren nach 1984 gegen null tendiert, kann seit Jahren nicht ausschließen, andere als die Täter auf den Fahndungsplakaten wiederzufinden. Das Aussteigerprogramm der Kölner Verfassungsschützer fußte bei seiner Einführung nicht zuletzt auf der Einsicht, im Wissen um die Schwächen des Fahndungsapparates andere vergleichsweise unkonventionelle Wege gehen zu wollen. Die Einsicht wenig zu wissen, mag ja kein erfolgreiches Fahndungskonzept sein. Es schützt aber vor solchen Einbrüchen, wie ihn gerade die Strafverfolger erleben. Wolfgang Gast

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