Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Tausende Fälle werden überprüft
Das BAMF machte zuletzt mit fragwürdigen Asylentscheidungen in Bremen Schlagzeilen. Nun reagiert das Innenministerium.
Als Konsequenz aus dem Skandal um die Außenstelle in Bremen werden 4500 Fälle noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen. Sie soll zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen Asyl gewährt haben, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. In den meisten Fällen geht es laut Staatsanwaltschaft um Kurden, die angaben, zur Religionsgemeinschaft der Jesiden zu gehören.
Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke kritisierte, durch die Überprüfungen würden Menschen, die dringend Schutz bräuchten, in Angst und Schrecken versetzt. „Es darf nicht sein, dass Flüchtlinge die Fehler einer systematisch überforderten Behörde ausbaden müssen.“
Ein Sprecher des Ministeriums sagte, das Personal des BAMF sei zuletzt stark aufgestockt worden. Er gehe daher davon aus, dass diese Überprüfung von Mitarbeitern der Behörde bewältigt werden könne. Das BAMF habe bereits 2017 Maßnahmen zur Qualitätssicherung ergriffen. Dazu zähle das Vier-Augen-Prinzip bei Asyl-Entscheidungen.
Die strukturellen Probleme liegen viel tiefer
Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, nannte die Überprüfung „überfällig“. Sie sagte: „Nur so können wir das Ausmaß der Probleme wirklich erfassen und das Vertrauen der Bürger in ein geordnetes, rechtsstaatliches Verfahren wiederherstellen.“
Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, erklärte, die strukturellen Probleme beim BAMF lägen tiefer als es der Fall in Bremen nahelegen könne. „Angefangen von einer guten Asylverfahrensberatung, über den Einsatz qualifizierter Dolmetscher bis zur Schulung und Supervision für die Entscheider. Auf all das machen wir seit Jahren aufmerksam. Passiert ist bisher nichts.“
In der Ausschusssitzung war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von möglicherweise weiteren Verdächtigen in dem Skandal die Rede. Wie der NDR weiter berichtete, seien aber bislang keine Disziplinarverfahren eröffnet worden, wohl um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden. An der nicht-öffentlichen Sitzung nahm auch BAMF-Präsidentin Jutta Cordt teil. Ein systematisches Problem in ihrer Behörde sehe sie nicht, sagte Cordt laut NDR. Allerdings sei es nicht ausgeschlossen, dass es bei „subversivem Zusammenwirken“ einzelner Mitarbeiter die Kontrollmechanismen kurzfristig umgehbar seien.
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