Bulgarien: Rechtsextreme blasen zur Zigeunerjagd
Bulgariens Rechtsextremistenführer Rasate will eine Miliz gegen Roma gründen. Gewaltsame Zwischenfälle häufen sich bereits.
BERLIN taz Bulgariens Staatspräsident Georgi Parwanow geriert sich dieser Tage wieder einmal als Vermittler zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen in seinem Land. "Ich bin bereit, eine aktive Rolle bei zu spielen, um die Spannungen zwischen Bulgaren und Roma zu entschärfen", sagte Parwanow am vergangenen Wochenende anlässlich der Feierlichkeiten zum 130. Jahrestag der Schlacht von Schipka.
Der Präsident reagierte damit auf Ankündigungen des Chefs der rechtsextremistischen Partei Bulgarische Volksunion (BNS), Bojan Rasate. Der möchte eine Nationalgarde schaffen, die die Bevölkerung verteidigen soll. Wer hier gegen wenn geschützt werden soll, macht eine Pressemitteilung deutlich, die die BNS kürzlich herausgab. Darin heißt es: "Bereits seit 17 Jahren ist die bulgarische Bevölkerung in ihrer Heimat systematischen Beschränkungen und unkontrollierten Ausschreitungen vonseiten der Minderheit der Roma ausgesetzt und der Staat sieht teilnahmslos zu. Die Zigeuner prügeln, stehlen, vergewaltigen und töten ohne eine adäquate Antwort seitens der Macht."
Die Ankündigung der Gründung einer Nationalgarde folgte nur wenige Tagen nach mehreren Zusammenstößen zwischen ethnischen Bulgaren und Roma. So waren in der vorletzten Woche mehrere hundert jugendliche Roma randalierend durch den Sofioter Stadtteil Krasna Poljana gezogen, nachdem sie angeblich von einer Gruppe von Skinheads angegriffen worden sein sollen. Kurz darauf war bei einer Schlägerei zwischen Roma und ethnischen Bulgaren in der Kleinstadt Samokow ein 17-jähriger Rom zu Tode geprügelt worden, was von den örtlichen Behörden sofort als normale Schlägerei zwischen Jugendlichen heruntergespielt wurde. "Dass die Machthaber fortschreitend kurzsichtig sind, wissen wir. Das Problem ist, dass sie in den vergangenen Wochen ihre Brille zu Hause vergessen haben", kommentierte die bulgarischen Wochenzeitung Kapital.
Vielleicht wären nach den jüngsten Vorfällen die politisch Verantwortlichen gut beraten, die Brille endlich einmal aufzusetzen. Denn die Lage der rund 800.000 Roma - das entspricht rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung - ist alles andere als rosig. So liegt die Arbeitslosigkeit bei rund 90 Prozent. 65 bis 70 Prozent der Roma leben unter der Armutsgrenze, 80 Prozent haben keine Ausbildung. Wer eine Arbeit hat, verdient sein Geld in der Regel als Straßenreiniger, Müllsammler oder schwarz in der Bauwirtschaft. Auch die 2005 von Sofia und sieben anderen Staaten ins Leben gerufene "Dekade der Roma-Integration", eines Programms, das zu großen Teilen von der Weltbank und dem Open Society Institute finanziert wird, hat bislang nur wenige Verbesserungen gebracht.
Der Vorstoß von Bojan Rasate dürfte bei vielen Bulgaren zumindest auf schweigende Zustimmung stoßen. Am Wochenende berichtete die bulgarische Tageszeitung Novinar über Violeta Draganowa, Romni und Journalistin beim bulgarischen Nationalfernsehen. Ihr war unlängst unter fadenscheinigen Begründungen der Zugang zu einem Sofioter Schwimmbad verweigert worden. Der Kommentar eines Lesers lautete: "Wenn das privates Gelände ist, hat jeder Eigentümer das Recht, denjenigen hereinzulassen, den er will. Auch ich würde mit Zigeunern nicht an den Strand gehen. Es reicht mir schon, wenn ich sie in Horden vor Geldautomaten sowie in Krankenhäusern und Schulen ohne Geld erblicke."
Unterdessen hat die Roma-Organisation Evroroma angekündigt, unter dem Namen "Organisation der Minderheit zur Verteidigung gegen Gewalt" (OMON) ein Pendant zur Nationalgarde zu gründen. Angeblich hätten sich 50 Roma bereits als Freiwillige gemeldet.
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