Büroturm: Lofts mit Weitblick
Der Steglitzer Kreisel ist bald wieder etwas wert: Ein Investor plant, in dem einstigen Skandalhaus Luxusapartments zu errichten.
Bedeuten die schlechte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt und die große Nachfrage nach neuem Wohnraum die Chance für den Erhalt des "Steglitzer Kreisel" genannten Turms am Ende der Schloßstraße? Nach Angaben des Berliner Liegenschaftsfonds liegt dem landeseigenen Immobilienunternehmen die „Absichtserklärung“ eines Investors für den Kauf des 118 Meter hohen Gebäudes vor, in dem gerade die Asbestsanierung begonnen hat. Der Investor soll die Umwandlung des 677 Räume umfassenden Bürotowers in ein Wohnhochhaus beabsichtigen.
Irina Dähne, Sprecherin des Liegenschaftsfonds, bestätigte die Interessenbekundung, dem Käufer werde nun vertraglich „vier Monate Gelegenheit gegeben, die Wirtschaftlichkeit seines Vorhabens zu prüfen“. Danach sollen weitere Gespräche stattfinden, so Dähne zur taz. Schon seit 2010 versucht der Liegenschaftsfonds, den Turm zu veräußern – bisher ohne Erfolg.
Der 24 Stockwerke hohe Kreisel, in dem das Bezirksamt Steglitz seinen Sitz hatte, war 2007 wegen starker Asbestgefährdung geschlossen worden. Die 875 Mitarbeiter des Bezirksamts mussten ausziehen, seither steht der Turm leer, sein Sockelbau wird weiter genutzt. Nach ersten Überlegungen, den Kreisel abzureißen, entschloss sich das Land Berlin 2008 für eine Asbestsanierung des markanten Gebäudes. Über 30 Millionen Euro sind für die Sanierung anvisiert. Die Arbeiten sollen 2015 abgeschlossen sein.
Der aktuelle Verkehrswert des Turms, so schätzen Immobilienexperten, liegt bei rund 12 Millionen Euro. Realisiert wurde das „Skandalhochhaus“ für ein Vielfaches. Die Bausumme kletterte zwischen 1969 und der Fertigstellung 1980 von 80 auf 325 Millionen Mark – Geld aus öffentlichen Kassen.
Für die Asbestsanierung des 40.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche umfassenden Gebäudes wurde der Sockel jetzt eingerüstet. Der Turm selbst bleibt frei. „Die Sanierung der Fassade wird mit einer Motorhängerüstung vollzogen, die an der Fassade entlangfährt“, sagte Johanna Steinke von der Berliner Immobilienmanagement GmbH BIM, die das Vorhaben steuert. Diese Rüstung werde derzeit installiert. Asbesthaltige Elemente, die an der Fassade entnommen würden, „werden durch provisorische Elemente ersetzt, die annähernd gleich aussehen. Die Optik des Turms bleibt also gewahrt.“
Die laufende Asbestsanierung sei auch kein Hindernis für einen Investor und seine Vorstellungen, so Dähne weiter. Neue Nutzungen und die Sanierung könnten aufeinander abgestimmt werden. Zu den Informationen aus Immobilienkreisen, der Investor plane, das Bürohaus in einen Wohntower umzugestalten, wollte sich Dähne nicht äußern. Auch zu möglichen Summen sagte die Sprecherin nichts.
Es ist kein Geheimnis, dass auch der Miteigentümer des Kreisels, die Berliner Immobiliengruppe Becker & Kries, sich für den Turm interessiert. Becker & Kries gehört der große Sockelbau mit Geschäften, Parkhaus und Hotel. Mehrmals hatte das Unternehmen dem Land Berlin den Kauf und die Sanierung angeboten. Berlin hatte die Angebote stets zurückgewiesen. Auch die Idee des Steglitzer Architekten Gert Eckel 2011, das Hochhaus zu einem „Self-Storage-Tower“ mit LED-Licht-Kunstfassade umzufunktionieren, stach nicht.
Neben der Idee eines Wohn- und Apartmentturms liegt augenblicklich der Antrag der Piratenfraktion des Bezirks Steglitz-Zehlendorf auf dem Tisch. Darin wird gefordert, den Kreisel entweder als Studentenwohnheim oder für betreutes Wohnen sowie teilweise wieder als Bezirksamt wiederzueröffnen. Darüber werden die Bezirksverordneten nach der Sommerpause beraten. Michael Karnetzki (SPD), Bezirksstadtrat für Immobilien und Verkehr, hält ein Comeback des Kreisels als Bezirksamt für unrealistisch und zu teuer. Die Wohnturmidee hingegen sei eine Option für den Kreisel, „auch wenn das nicht unbedingt günstige Wohnungen werden dürften“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid