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Bürgermeisterwahl belastet Koalition

Berlin. Zwischen SPD und CDU ist nach wie vor strittig, ob es zu einer Absprache über die Besetzung der Bürgermeisterämter in den Bezirken kommen soll. Während der CDU- Vorsitzende Eberhard Diepgen die SPD darauf verpflichten will, daß die jeweils stärkere der beiden Parteien den Bürgermeister stellt und dieser vom Koalitionspartner automatisch gewählt wird, will der SPD-Vorsitzende Walter Momper die Entscheidung darüber den Bezirksverbänden seiner Partei überlassen. Die CDU wäre eindeutiger Nutznießer einer solchen Absprache, denn in einigen Bezirken, in denen sie die stärkste Fraktion stellt, könnte sich sonst ein rot-grünes Bündnis oder eine Ampelkoalition bilden.

Dies wäre rechnerisch in Wilmersdorf, Charlottenburg, Steglitz und Reinickendorf möglich. In Neukölln könnte ohne diese Regelung der CDU-Kandidat nur mit Unterstützung der »Republikaner« zum Bürgermeister gewählt werden. Im Landesausschuß der CDU wurde am Montag abend Mompers Ablehnung »mit Unwillen aufgenommen«. Nach Einschätzung des parlamentarischen Geschäftsführers der Partei, Volker Liepelt, würde es »die Koalition schon belasten, wenn sich die SPD eine Nische offenläßt«. Auch Diepgen war verärgert über die kalte Schulter seines sozialdemokratischen Amtskollegen. Momper, so rückte er die Kleiderordnung zurecht, »ist nicht die Koalitionsfraktion«, der SPD-Vorsitzende müsse »sich daran erinnern, daß die Koalitionsabsprache die gesamte Stadt betrifft«. Die beiden Regierungsparteien hatten bei Gründung der Koalition vereinbart, daß sie sich dafür einsetzen, »daß die faire Partnerschaft zwischen SPD und CDU auch in den Bezirken praktiziert wird«. Diepgen verlangt nun eine »konsequente Anwendung« dieses Grundsatzes. Dies kann jedoch nicht heißen, so entgegnet Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD), die Große Koalition auf die Bezirke zu übertragen. Um eine Einigung zu erzielen, wurde zum kommenden Wochenende der Koalitionsausschuß einberufen.

Dieses höchste Konfliktgremium des Regierungsbündnisses wird sich wahrscheinlich auch mit der Politik Berlins gegenüber dem Bund befassen. Denn diese ist nach dem Geschmack der Sozialdemokraten viel zu lasch. In der gestrigen Senatssitzung wurde vom Koalitionspartner ein stärkeres Eintreten für die Landesinteressen gefordert. Ein Beispiel für die neue Tonlage gegenüber Bonn könnte, nach dem Willen Mompers, eine Unterstützung des Vorschlages von Bundespräsident Weizsäcker zur Schaffung eines Lastenausgleiches sein. Bürgermeisterin Christine Bergmann (SPD) ergriff gestern dazu öffentlich die Initiative, doch Diepgen will erst mal »sorgfältig prüfen«, welche Belastungen damit verbunden sind. dr

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