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Bürgermeister über Abwrackprämie"Wir wollen Fahrräder"

Mannheim führt als erste Stadt eine Abwrackprämie für Fahrräder ein. Wegen der großen Nachfrage wollen auch andere Kommunen nachziehen, sagt der Bürgermeister Lothar Quast.

Bürgermeister Quast: "Wir wollen die lokale Wirtschaft ankurbeln." Bild: ap
Sabine am Orde
Interview von Sabine am Orde

taz: Herr Quast, Mannheim führt als erste deutsche Stadt eine Abwrackprämie für Fahrräder ein. Wollen Sie so die lokale Wirtschaft ankurbeln?

Lothar Quast: Ja sicher, wir wollen die lokale Wirtschaft ankurbeln. Aber wir wollen vor allem auch Anreiz geben, sich mit der Anschaffung neuer Fahrräder zu beschäftigen. So wollen wir mehr Räder auf die Straße bringen.

Können die Mannheimer jetzt also ihre alten Schrotträder aus dem Keller holen, sie bei Ihnen abladen und dafür 50 Euro kassieren?

Nein, ganz so ist es nicht. Die Fahrräder müssen in Prinzip noch fahrtauglich sein, sie sollen ja nicht verschrottet werden. Wir arbeiten mit Biotopia zusammen, einem Beschäftigungsträger, der am Mannheimer Hauptbahnhof die Fahradstation betreibt, der Räder vermietet und repariert. Die Mitarbeiter von Biotopia werden die alten Fahrräder wieder aufmöbeln und im Rahmen einer Fahrradbörse verkaufen.

Wie groß ist die Resonanz bislang?

Die ist sehr groß, wir haben eine erhebliche Nachfrage. Wir haben für die Abwrackprämie ja zunächst einmal 5.000 Euro zur Verfügung gestellt, das ganze ist also auf einhundert Räder beschränkt. Wir gehen davon aus, dass die nach dem Start am 2. Mai sehr schnell ausgegeben sein werden. Vielleicht weiten wir die ganze Aktion auch aus, aber erst einmal warten wir ab, was passiert.

Auch wenn Ihre Aktion umwelttechnisch keine messbaren Erfolge bringen sollte, werbewirksam für Mannheim ist sie auf jeden Fall.

Ja, über mangelnde Resonanz können wir uns nicht beklagen. Es gibt ein großes Interesse der Medien, sogar weit über Deutschland hinaus. Und zahlreiche Kommunen haben schon angefragt, weil sie vielleicht ähnliches machen wollen.

Wie funktioniert das ganze konkret: Wenn ich mein altes Fahrrad gegen 50 Euro tauschen will, was muss ich dann nachweisen?

Wir wollen vor allem den Radfachhandel und nicht Discounter fördern, deshalb muss man neben dem alten, aber im Grundzustand fahrbereiten Fahrrad eine Quittung über den Kauf eines neues City-Bikes aus dem Fachhandel vorlegen. Außerdem muss man Mannheimer sein. Wenn das alles stimmt und man unter den ersten hundert ist, dann bekommt man die 50 Euro.

Warum gilt das Angebot nur für City-Bikes und nicht für Rennräder oder Mountainbikes? Die sind doch auch umweltfreundlich.

Wir wollen Räder, die statt Autos im Alltag eingesetzt werden, und damit die Umwelt schonen. Rennräder oder Mountainbikes werden aber eher am Wochenende zum Sport benutzt und ersetzen damit nicht das Auto.

Und wie ist das bei Ihnen? Kommen Sie mit dem Fahhrad zur Arbeit?

Nein, da bin ich ehrlich. Ich komme nicht mit dem Fahrrad, dazu wohne ich zu weit weg: Das sind zehn Kilometer. Aber im Sommer wollen wir eine Aktion durchführen, wo wir dazu aufrufen, gerade in den Sommermonaten das Auto stehen zu lassen und mit dem Fahrrad und dem ÖPNV zu fahren - und da habe ich mir vorgenommen, mich daran zu beteiligen.

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23 Kommentare

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  • B
    Benz

    leider sieht es nicht ganz so schoen aus, wie der Buergermeister Mannheims das ueber die Medien gern ausposaunt. Damals wurden insgesamt 5.000 Euro zur Verfuegung gestellt. Gleichzeitig schaffte Herr Quast allerdings 3 neue Dienstwagen (Mercedes E-Klasse) zum Stückpreis ab 42000 Euro an. Für die 5000 Euro haette er nicht einmal Lederimitat für seine Sitze bekommen.

     

    Ist ja alles in allem kein grosses Wunder, wenn er sagt, "Ich komme nicht mit dem Fahrrad, dazu wohne ich zu weit weg: Das sind zehn Kilometer."

     

    Also: zum Jubel gibt es da wohl kaum Grund...

  • MS
    Michael Sturm

    Flensburg hat einen Klimapakt e.V. gegründet (den einige für einen Stadtwerkepakt halten). Im Rahmen dieses Vereins (Mitgliedsbeitrag 5000 €) soll auch was für Radfahrer getan werden. Dabei soll vor allem die Infrastruktur verbessert werden: Mehr innerstädtische Radwege, mehr überdadchte Radständer, bessere Ampelschaltung, Radverkehr auch auf Busspur etc. Halt ich für besser als eine "Abwrackprämie", auf die viele nur zugreifen, weil sie meinen, sie machen ein Schnächen. Wenn die Infrastruktur für Radler stimmt und dafür geworben wird, dann fahren auch mehr Leute Rad. Gute Räder gibt es bei der Metro schon für 300 bis 400 €. Fahrradhändler hin oder her. Bei Versteigerungen von Fundsachen schon für 50 € Hier geht es ums Klima, den Straßenverkehr, Gesundheit, Sommersmog, Feinstaub, Unfalltote, Slowmotion, ... Und nicht nur ums Wirtschaft ankurbeln. Da wollen wir doch keinen ausschließen, oder?

  • F
    Fahrradladeninhaber

    Als Inhaber eines Radladens kann ich dazu nur folgendes sagen:

    1. 10 Kilometer sind ein Witz!

    2. Innerstädtisch ist ein Schnitt von 20 km/h tatsächlich schlecht zu schaffen

    3. Zumindest wenn man sich an die StVO hält sind 10 km in 30 min nicht zu schaffen. Ich wohne knapp 6 km von meinem Arbeitsplatz in Hannover und benötige für die Strecke bei flottem Tempo (17 - 18 km/h Schnitt) ca. 15 min.

    4. Der Witz mit den 50€ is noch besser als der mit den 10 Kilometern. Für 50€ kann mann sich 1 guten Reifen kaufen, oder 2 mittelmäßige, is der Händler nett bekommt man noch nen Schlauch dazu.

    5. Nur mal als Denkanstoss: Ein City-/Tourenrad mit vernünftiger Ausstattung liegt im mittleren Preissegment, je nach Hersteller zwischen 800€ und €1000...

  • T
    tatze

    Der Herr Bürgermeister soll sich ein schickes tazRad kaufen, dieses hier z.B. https://www.taz.de/zeitung/tazshop/tazrad/tazrad30/ und dann sind die 2x10 km auch gar kein Problem mehr.

     

    PS: Die Räder gibts auch im Mannheimer-Fachhandel und für die 50€ gibts ein vernünftiges Schloss ;-)

  • SB
    Swen Bock

    Die 10 Kilometer sind ja leider nicht nur für den Bürgermeister das Problem. Er ist ja nur ehrlich. Und wie einige Vorredner ja schon sagten, für den regelmäßigen Fahrradfahrer sind 10 Km ein Klacks. Nur katastrophale Ampelschaltungen und lebensgefährliche Fahrradwege sind das Problem. Für Menschen die ewig Zeit haben, sind normale Räder mit dicken Reifen und guter Polsterung sicher eine tolle Alternative, um die 2 km zum Brötchenholen Sonntags mal nicht mit dem Auto zurückzulegen. Ansonsten leistet mir mein altes Rennrad doch deutlich mehr, wenn es alternativ zum Auto eingesetzt wird.

  • V
    vic

    Er will "nicht den Discounter fördern", und bezahlt 50 Euro *fünfzig!*. Und er empfindet 10 KM als zu weit (und im Winter zu kalt, im Sommer zu heiß, oder?).

    Auweia, Herr Quast. Lassen sie besser die Finger davon.

    Niemand kauft wg 50 Euro ein vernünftiges Rad, außer Mist beim Discounter.

  • N
    New_Ebike

    Lieber Herr Quast,

     

    die Vorkommentatoren haben es bereits gesagt. Zehn Kilometer sind wirklich lächerlich! Ich fahre jeden Tag 20 km zur Arbeit. Wenn Sie jetzt sagen, so viel Zeit haben sie nicht, dann schaffen Sie sich doch ein Rad mit Elektroantrieb an! Es gibt schon tausende Typen. Dann kommen Sie wirklich nach spätestens 30 Minunten und noch nicht einmal verschwitzt im Rathaus an! Und wenn Sie das Rad noch mit Ökostrom betreiben, sinkt zudem ihr CO2-Bilanz.

     

    Vergleichs-Rechnung:

    a)Auto ca. 168 g CO2/Km * 10 km* 2 (Strecken am Tag) * 200 Arbeitstage = 672 kg/Jahr :(

     

    b) Fahrrad mit Pedalkraft + E-Motor + Ökostrom = annähernd = 0 kg/Jahr :)

     

    Und Sie tun noch etwas für Ihr Herz-Kreislaufsystem.

     

    Das wäre mal ein Wurf: "Mannheim zahlt jedem Bürger 500,- Euro für die Umrüstung eines Rades auf ein Ebike." Und dann installiert die Stadt noch Ladetankstellen usw. Viel Erfolg!

  • S
    Sebastian

    Jetzt hört doch mal auf euch über den BM aufzuregen!

     

    Schon mal dran gedacht das es hier hauptsächlich um Symbolpolitik geht !!

     

    Und mit nem Anzug 10km zur Arbeit zu fahren ist nicht gerade praktisch...das es leute gibt die es trotzdem machen is klar!

  • F
    fahrradfahrer

    rofl, 10 km zu weit? herr bürgermeister, gehen sie mal mit gutem beispiel voran. 10 km sind ja jetzt wirklich überhaupt nichts. gab zeiten da bin ich jeden tag 2*23km bei wind und wetter zur arbeit gefahren.

     

    und 50 euro sind wirklich nichts. dafür bekommt ja gerade mal so eine vernünftige bereifung.

  • F
    Freidenkerer

    Och dem kleinen niedlichen Bürgermeister sind die 10km zu viel, tuituitui... Das nenne ich Egoismus!

     

    Mir sind die 50Euro zu wenig. Für ein fahrbares Rad (und mehr auch nicht) muss man schon über 50Euro bezahlen.

     

    Leute - der Gag an der Abwrackprämie war, dass man MEHR als gewöhnlich für das abzuwrackende Fahrzeug erhält!

  • CM
    Carsten Müller

    Fahre mit dem Rennrad täglich mehr als 10 KM zur Arbeit. Meine Nachbarn fahren da schon fast 20 KM täglich mit dem Rad zur Arbeit. Keiner von uns ist unter 40 Jahr jung. Warum 10 KM einfache Strecke zu viel sind bleibt ebenso ein Geheimnis wie "nur im Fachhandel" und nicht alle Fahrradarten gefördert werden sollen.

     

    Die Aussagen des BM (Bürgermeister)sind durchsichtig (Wahlkampf) sind unqualifiziert.

     

    Ich empfehle dem BM: fahr mal Rad - am besten im Berufsverkehr. Viel Spaß dabei (werden danach Autos in Mannheim verboten?)

  • ID
    irgen dwer

    Im grundsatz schon mal löblich,was mannheim`s lokaldirektoren sich ausgedacht haben. Die innenstädte von autos zu befreien ist längst überfällig, schon auf grund der tatsache dass der öpnv megamäßig aus steuergeldern finanziert wird.

    Der stellenwert des fahrrades ist aufgrund der fehlenden lobbyarbeit immer noch hinter dem pkw angesiedelt.Dabei hat der bdr mit rudolf scharping immerhin einen abgehalfterten ex-berufspolitiker an seiner spitze. Ein schelm der arges dabei denkt...Aber so kann man keine nachhaltige umweltpolitik gestalten. Und mit 50€ prämie schon garnicht.

  • D
    Dynamo

    Ich würde stattdessen eine Tauschaktion Seitendynamo (oder auch die unsäglichen Batterie-Blinklampen) gegen Nabendynamo vorschlagen, das erhöht dann auch die Sicherheit im Straßenverkehr. Hab die Teile seit 3/4 Jahr und nehme seitdem abends viel eher das Rad.

  • S
    Shirau

    An sich seit langem überfällig, aber was bitte soll man denn mit 50 Euro anfangen???

  • A
    Alltagsradler

    10km zu weit? Ohje, der Weg zur Klimarettung ist demzufolge unendlich. 10km sind je nach Strecke und Verkehr auf dem Rad sogar schneller zu schaffen - und sorgt fuer Entspannung statt Stau-Frust.

  • ZW
    zu wenig

    200 Euro pro Rad müsste es schon geben,meinetwegen mit der Verpflichtung, dass das "Neue" Rad mindestens 400 kostet. Für 50 Euro kriegt man ja noch nicht mal ne ordentliche Gangschaltung geschweige denn einen fahrbaren Untersatz.

  • M
    Meph

    Liebe Klara K, sind Sie tatsächlich von der Aktion so begeistert, oder weil Sie hauptberuflich bei der Internetagentur der SPD für diese Wahlkampf betreiben?

    Bei solchen Jubelperserartigen Ausrufen bräuchten Sie dann doch mal ein neues Pseudonym...

  • EK
    Eva K.

    Zehn Kilometer sind für manche eine anstrengende Tour, nach der sie halbtot vom Rad kippen. Ich habe jeden Tag neun Kilometer einfache Stecke in einer vergleichbar plattgebügelten Gegend wie Mannheim und bin froh, daß es nicht der eine Kilometer mehr ist - es wäre eine lebensgefährliche Überlastung.

     

    Oder anders, Herr Quast: Move your ass! Also rauf auf's Rad!

  • R
    Robert

    Also 10 Kilometer im reinen Stadtverkehr sind sicher nicht mit 20 Minuten zu schaffen. Da hängt es auch nicht von der Kondition sondern von der Ampelschaltung ab. Ich schätze mal, dass man auch als konditionell sehr gut im Leben Stehender im innerstädtischen Verkehr nicht mehr als 20 km/h Schnitt schafft. Und das ist schon schnell.

     

    Aber dass 10 Kilometer zu weit sein sollen, *das* erschließt sich mir auch nicht. 30-40 Minuten Radfahren pro Strecke find ich jetzt nicht wirklich viel.

  • LA
    Lance Armstrong

    ZEHN KILOMETER??!!!!

    mit der Einstellung ist das Klima aber nicht zu retten...

     

    Spaß beiseite: Auch im Stadtverkehr ist ein Mountainbike das einzig Wahre. Zumindest solange die Fahrradwege in der durchschnittlichen deutschen Stadt (damit meine ich insbesondere die Hauptstadt der Bayern) sich in einem so zum Himmel schreiend erbärmlichen Zustand befinden. Was das Rennrad betrifft: Kann man (Radwegebenutzungspflicht sei Dank) eh nicht ordentlich ausfahren (Vergleiche hierzu: http://lfsf.schubbi.org/)

  • KK
    klara k

    Endlich!

    Danke, dass es noch vernünftige, umweltsinnvolle SPD-Politiker gibt!

    Danke lieber SPD-Gott.

    Das dämpft meine akute Abwrack-Depression.

    klara k

    http://www.myspace.com/klarasinging

  • B
    bagelcat

    > Ich komme nicht mit dem Fahrrad, dazu wohne ich zu weit weg: Das sind zehn Kilometer.

     

    Mit dieser Einstellung wird der Aufruf, mit dem Fahrrad das Auto im Alltag ersetzen zu wollen, gleich etwas unglaubhafter. In einer ebenen Stadt ist das auch für ungeübte in 30-40 Minuten zu schaffen. Und nach 2 Monaten in 20..

     

    (einer, der jeden Tag 20 Entfernungskilometer über Berg und Tal zur Arbeit radelt..)

  • H
    hanswurst

    10 kilometer sind zuviel?????????????hahaha