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Bürgerkrieg in SyrienRegion Damaskus unter Beschuss

Die Kämpfe in mehreren Landesteilen Syriens gehen unvermindert weiter. Das Regime verspricht einen nationalen Dialog.

Syrische Flüchtlinge bei der Ankunft im Lager Saatari in Jordanien. Bild: reuters

BEIRUT/AMMAN/DAMASKUS/ISTANBUL afp/rtr/dpa | Die syrische Armee hat nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten am Dienstag mehrere Orte in der Nähe von Damaskus unter schweren Beschuss genommen.

In der Rebellenhochburg Duma nordöstlich der Hauptstadt hätten die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad mindestens zwei Zivilisten getötet, teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Bei einem Angriff von Rebellen gegen eine Einrichtung der Armee wurden dort demnach sechs Regierungssoldaten getötet.

Die amtliche Tageszeitung Al-Baas berichtete, das Militär sei seinem Ziel nähergekommen, die gesamte Region um Damaskus wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Von den Rebellen verbreitete Videoaufnahmen zeigten zahlreiche Menschen, die in der Nacht in Autos aus Duma flohen.

Assad besucht angeblich Aleppo

In der seit Wochen umkämpften nordwestsyrischen Stadt Aleppo konzentrierten sich die Gefechte zwischen Armee und Rebellen auf das Stadtviertel Hanano City. Wie die libanesische Zeitung Al-Dijar am Dienstag berichtete, besuchte Präsident Baschar al-Assad die Stadt.

Er befahl demnach auch die Entsendung weiterer 30.000 Soldaten zur Bekämpfung der Rebellen. Außerdem sollten zusätzliche 2.000 gepanzerte Fahrzeuge in die Wirtschaftsmetropole im Norden des Landes verlegt werden. Der Bericht der Zeitung, die als Assad-freundlich gilt, konnte zunächst nicht überprüft werden.

In einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede vor dem Parlament kündigte Ministerpräsident Wael al-Halki unterdessen Friedensgespräche mit den weniger radikalen Oppositionsparteien an. Einen Termin für ein Treffen nannte er allerdings nicht. Für die meisten Regimegegner kommen Verhandlungen nicht infrage, solange Präsident Baschar al-Assad noch an der Macht ist.

Protest in Flüchtlingslager

Während Angriffe der Regieruntstruppen und Gefechte zwischen Soldaten und Rebellen auch am Dienstag in mehreren Landesteilen weitergingen, verschlechtert sich die Situation in den Flüchtlingslagern jenseits der Grenze zusehends. Bei gewaltsamen Ausschreitungen im Lager Al-Saatari in Jordanien wurden fünf Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt.

Nach Angaben der Behörden hatten syrische Flüchtlinge aus Protest gegen die Lebensbedingungen im Camp mehrere Zelte und die Behelfsklinik angezündet. Die Polizei löste die Proteste mit Tränengas auf. Nach dem Brand demonstrierten Bewohner der nahe gelegenen Ortschaft Mafrak gegen die Anwesenheit der Flüchtlinge.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR stieg die Zahl der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten im vergangenen Vierteljahr um mehr als das Dreifache. In Jordanien, der Türkei, im Libanon und im Irak würden inzwischen mehr als 311.000 Syrer versorgt - Ende Juni seien es rund 100.000 gewesen. Das UNHCR geht davon aus, dass bis Jahresende mindestens 710.000 syrische Flüchtlinge im Ausland auf Nothilfe angewiesen sein werden.

Von einem in Syrien verschollenen US-Journalisten gibt es unterdessen ein Lebenszeichen. Im Internet tauchte ein Video auf, das ihn als Gefangenen einer Terrorgruppe zeigt. An der Herkunft des Films gibt es jedoch Zweifel. Austin Tice, der unter anderem für den Medienkonzern McClatchy aus Syrien berichtete, war vor sieben Wochen im Umland von Damaskus verschwunden.

Iran warnt vor Chemiewaffeneinsatz

Auf der internationalen Bühne kritisierte Syriens Außenminister Walid al-Muallim die Diskussion über syrische Chemiewaffen und warf den USA vor, gegen die Regierung in Damaskus eine Kampagne wie zu Zeiten des Irak-Kriegs zu führen. In einem bereits am Montag ausgestrahlten Interview mit dem libanesischen Fernsehsender Al-Majadin sagte er, der Vorwurf eines Chemiewaffeneinsatzes gegen die eigene Bevölkerung sei Nonsens, die ganze Sache ein Hirngespinst.

Zuvor hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sich besorgt über einen möglichen Einsatz chemischer Waffen in den Konfliktgebieten geäußert. Dies wäre ein abscheuliches Verbrechen mit entsetzlichen Folgen, warnte er in New York vor einem Treffen zum 15. Jahrestag der Chemiewaffenkonvention. Auch der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi warnte auf einer Veranstaltung in New York vor einem Einsatz von Chemiewaffen.

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3 Kommentare

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  • V
    Velasqeuz

    @von toddi:

     

    Hättest einfach den Link zu deiner Quelle gepostet. Der Text ist lang und glaube ich, so unübersichtlich hat keiner gelesen, ich auch kaum, es ist zu sehr Propaganda mäßig geschrieben

  • T
    toddi

    Offensive? Ausbruchsversuch aus der dem „Kessel“ und der Versuch der Neugruppierung/ Konzentration der verbliebenen Kräfte umschreibt die Situation vermutlich besser.

    Die unermüdlichen und fleißigen Chronisten von http://nocheinparteibuch.wordpress.com haben das Geschehen in Aleppo akribisch und bis auf den Stadtbezirk aufgeschlüsselt dokumentiert. Hier einige Auszüge des Hauptbeitrages und eines Kommentars Zitat: “ Was da passiert ist, ist einfach zu durchschauen. Terroristen sind aus ihrer direkt südöstlich vom Bab Antakya gelegenen Hochburg Kallaseh über den Markt Souq Al-Hal und das Antakya-Tor in den Markt Souq Al-Medina und damit in die Altstadt eingedrungen. Der Grund, warum die Terroristen versucht haben, in die Altstadt einzudringen, liegt darin, dass sie im Gebiet Kallaseh und Bustan Qasr ziemlich eingeschlossen sind, Terroristen dort in den letzten Tagen schwere Verluste hatten und ohne Nachschub an Waffen und Munition ihrer baldigen Niederlage entgegensehen… Anwohner berichteten, dass Terroristen Feuer gelegt haben, und dann zu den Terroristen gehörende Sniper die Feuerwehr beschossen haben, um das Löschen des Brandes zu verhindern. ...Die Behauptung der Terroristen, die syrische Armee habe den Markt aus Bosheit oder anderen nicht nachvollziehbaren Gründen in Brand gesetzt, ist ebenso eine frei erfundene Schutzbehauptung wie die Behauptung, dass ihr Fluchtversuch eine Offensive ist, oder die Behauptung der NATO-Propaganda, der Markt sei “bei Kämpfen” in Brand geraten... Tatsächlich haben die Terroristen absichtlich Feuer im Markt gelegt und die Entwicklung des Brandes zu einem Großbrand dadurch erzwungen, dass sie die Feuerwehr von Sniperstellungen aus beschossen und so das Löschen der Brandherde verhindert haben. Ziel der Terroristen war es, Rauch und Chaos zu erzeugen, und dadurch für sich einen Fluchtweg aus Kallaseh zu öffnen und so Niederlage und Strafverfolgung zu entgehen ….Das Viertel Sheikh Maksoud westlich von Bustan Al-Basha wird zu großen Teilen von Kurden und Christen bewohnt. Die Terroristen hatten sich in den vergangenen Tagen lautstark darüber beklagt, dass sie aus diesen Vierteln keine Unterstützung bekommen. Zuvor hatten die Terroristen mehrfach das Viertel Sheikh Maksoud – vermutlich von Bustan Al-Basha aus – wahllos mit Granaten beschossen, was ihre Beliebtheit im Viertel Sheikh Maksoud aber natürlich ebensowenig gesteigert hat, wie der Versuch der FSA zur gewaltsamen Besetzung des Viertels am Wochenende, das damit einhergehende willkürliche Kidnappen von Kurden und die daran anschließende Ermordung von Geiseln wegen vorgeblicher Zusammenarbeit mit der Regierung durch die Terroristen der FSA....Für die Annahme von innersyrischen Verhandlungen der syrischen Regierung zu einer politischen Lösung mit der syrischen Bevölkerung nördlich von Aleppo spricht auch, dass die vom NATO-Staat Türkei verhätschelten Anführer der FSA, die kürzlich öffentlichkeitswirksam angekündigt hatten, den Kampf gegen die syrische Regierung aus dem syrischen Untergrund anführen zu wollen, nach nur einem Tag in Syrien wieder in die Türkei zurückgekehrt sein sollen, weil sie von den bewaffneten Regierungsgegnern in Syrien nicht beachtet worden seien.“ „Quellen, die im Kontakt mit dem syrischen Geheimdienst stehen, nannten schon bis vorgestern eine Zahl von 7233 getöteten NATO-Söldnern in den Gefechten in Aleppo, darunter 4243 ausländische Söldner.

    http://syrianperspective.blogspot.de/2012/09/fourth-post-september-30-2012-syrian.html

    Nach Angaben des syrischen Oberkommandos wird zum großen Teil erfolgreich die Kommunikation zu den Söldnertruppen abgefangen, die ihre Befehle vor allem von britischer und deutscher(!!!) Seite erhalten. So auch der Versuch der Übernahme von 3 Stadtteilen Aleppos in den letzten Tagen, der aber kläglich gescheitert ist. Dies bestätigt auch die Stille unserer NATO-Hofjournaille.

    Ganz interessant sind auch einige andere Entwicklungen. Stellten schon bisher ausländische islamistische Söldner den Hauptanteil der Terroristen, so sind unter ihnen immer weniger syrische Radikale zu finden. Eine Gruppe von zuvor desertierten hochrangigen Militärs, die sich von der FSA losgesagt hat, verhandelt mit der syrischen Armee über eine strafmildernde Rückkehr. Zudem ziehen sich die NATO-Terroristen immer mehr in sehr dicht bebaute Viertel von Aleppo zurück, in denen die syrische Armee keine Panzer zum Schutz ihrer Einsatzkräfte vor feindlichen Scharfschützen einsetzen kann“

    Quelle: http://nocheinparteibuch.wordpress.com/2012/10/01/die-gestrigen-nachrichten-aus-aleppo-mit-einer-analyse-dazu/#more-5952

    und hier zwei weitere interessante Quellen: TV Beiträge, die das Attribut „journalistisch“ verdient haben, einen Newsbeitrag und eine Reportage in der beide Seiten ihren „Auftritt“ haben.

    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=Rmg-YXIH5L4

    http://www.youtube.com/watch?v=fmsQt2Z9ZAY&feature=relmfu

    ein Angebot für Menschen die sich ihre eigene Meinung bilden wollen – die Position der „anderen Seite“ ist in den „freien“ Medien glaube ich hinreichend dokumentiert ;-) …

  • P
    pauli

    " Für die meisten Regimegegner kommen Verhandlungen nicht infrage, solange Präsident Baschar al-Assad noch an der Macht ist."

    wer behauptet das bzw was ist die quelle für diese aussage?