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Bürgerinitiative gegen UnterkunftObdachlose unerwünscht

Der Plan für eine neue Unterkunft in Harburg ist zwischen die Mühlsteine unterschiedlicher Interessen geraten. Eine Bürgerinitiative mobilisiert dagegen.

In Harburg von einigen nicht so gern gesehen: Unterkunft für Obdachlose. Bild: dpa

Eine Bürgerinitiative hat eine geplante Obdachlosenunterkunft im Hamburger Süden vorerst gestoppt. 1.130 gültige Unterschriften reichten für ein Moratorium und damit aus, den Bau von sechs Wohnkomplexen mit insgesamt 110 Plätzen an der Straße Lewenwerder im Bezirk Harburg auszubremsen. Über den Standort am Rande des Gewerbegebiets Großmoorbogen waren sich die Sozialbehörde und der Bezirk einig geworden. In ganz Hamburg sollen 500 neue Plätze geschaffen werden, davon sind 70, laut Auskunft der Sozialbehörde, bisher errichtet worden.

Gründer der Initiative gegen die Unterkunft ist Carsten Metterhausen, der in unmittelbarer Nähe ein Ingenieurbüro hat. Metterhausen ist zur Zeit im Urlaub. „Wir wollen keine Massenunterkunft“, sagt Iwona Mazurkiewicz, Anwohnerin und Initiativen-Sprecherin. „Wir sind für dezentrale Unterkünfte für in Not geratene Menschen.“

Bewohner einer nahe gelegenen, schon vorhandenen Unterkunft, in der Wetternstraße hätten ihr von Prügeleien und Drogenhandel berichtet. Auch seien dort unerlaubt Schlafplätze für dreistellige Geldsummen vermittelt worden. Diese Gerüchte haben die Anwohnern verunsichert, die am Rande des Gewerbegebiets wohnen.

Die zuständige Sozialbehörde sieht die geplanten „Wohnmodule“ nicht als Massenunterkunft. Ein früheres Pavillondorf an gleicher Stelle habe 240 Plätze vorgehalten. Jetzt seien weniger als die Hälfte davon geplant.

Träger der Einrichtung an der Wetternstraße ist das städtische Unternehmen Fördern & Wohnen (F&W). Vor einiger Zeit wurde ein Runder Tisch initiiert, an dem neben Anwohnern und F&W-Vertretern auch Kommunalpolitiker und Verwaltungsleute teilnehmen.

„Wir wollen zeigen, dass wir die Sorgen der Anwohner ernst nehmen“, sagt F&W-Sprecherin Christiane Schröder. Ein Wachdienst sei seitdem nachts vor Ort. Es soll dort laut Schröder keine nennenswerten, bedrohlichen Vorkommnisse gegeben haben, auch keine unerlaubte „Bettenvermittlung“. Bedrohlich erscheint dagegen, dass die NPD online gegen die Pläne für die neue Unterkunft Stimmung macht. „Deshalb nimmt auch das mobile Beratungsteam des DGB gegen Rechtsextremismus am Runden Tisch teil“, berichtet Schröder.

Der Initiativengründer und Unternehmer Metterhausen hatte seit längerem versucht, eine geeignete Fläche am Lewenwerder für einen Hallenneubau zu bekommen. Das soll ihm behördlicherseits verweigert worden sein, mit der Begründung, die Fläche sei der Logistik vorbehalten. Erbost begann er, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln. Der CDU-Ortsverband unterstützte ihn.

Um den Standort am Rande des Gewerbegebiets Großmoorbogen hatte es im vergangenen Jahr Querelen gegeben. Nach monatelangen Streitereien über geeignete Standorte für eine größere Obdachlosenunterkunft entschied sich die SPD-Mehrheit mit den Stimmen der Linken für den Lewenwerder. CDU, FDP und GAL votierten in der Bezirksversammlung dagegen.

Ein Argument der Gegner war, den in Not geratenen Menschen keine Massenunterkünfte mehr zumuten zu wollen. Das langwierige Hickhack nutzte die SPD-Mehrheit als Aufhänger, um Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg, einen CDU-Mann, abzuwählen. Der Vorwurf: Untätigkeit in der Sache. Der SPD-Mann Thomas Völsch wurde neuer Bezirksamtschef in Harburg.

Um über das Moratorium hinaus ein Bürgerbegehren zu erreichen, müssen 3.372 Wahlberechtigte gegen den Neubau unterschreiben. Seit vergangener Woche liegen in den Kundenzentren des Bezirksamts die Unterschriftenlisten aus.

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2 Kommentare

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  • LP
    Lorenz P Tews

    Wer heute einen Obdachlosen sozial 'am Rande' sehen will und wertverurteilt, ist sich nicht bewußt, daß er es morgen auch schon sein zu können.

     

    Einmal im Leben geht jeder durch 'sieben Jahre Brennessel-Suppe'. Die Gründe sind vielfältig.

    Wenn er Glück hat, ist er so jung, daß er es nicht merkt und andere auf ihn achten. Er kommt noch mit einem blauen Auge davon, wenn er Mitte Dreißig/Mitte Vierzig ist und so stabil, daß er sich selbst aus dem Loch ziehen könnte. Doch wehe, er ist Sechzig und drüber. Dann fehlt es meist an der pysischen und psychischen Kraft.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Auch Obdachlose haben ein Recht ,was eine Decke über den Kopf betrifft

    In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich,dass Menschen als Richter auftreten und den schwächsten in dieser Gesellschaft ein Dach über den Kopf verwehren.

    Die ganze Obdachlosen-und Wohnungslosenpolitik ist eine reine Makulatur,die auf Kosten der Schwächsten in dieser Gesellschaftr gefahren wird.

    Jefde und jeder ist mit der selben Menschenwürde ausgestattet worden,diese sollte ihm auch zu Teil werden,was ein Dach über den Kopf betrifft.