Bürgerbegehren zum Draußensitzen droht: Umkämpfte Plätze an der Sonne

Der Bezirk Altona hat im Februar die Regeln für Tische und Stühle auf Bürgersteigen verschärft. Jetzt rudern SPD und Grüne doch wieder zurück.

Wollen draußen bleiben: Gastronomen in der Schanze. Bild: Ulrike Schmidt

Den Streit über Tische, Bänke und Stühle auf Gehwegen wollte der Bezirk Altona eigentlich mit der Zwei-Meter-Regel lösen. Seit Februar gilt: Wer seine Gäste auf dem Bürgersteig bedienen will, muss mindestens zwei Meter Platz lassen, bis dahin waren es 1,50 Meter. Aber betroffene Wirte denken laut über ein Bürgerbegehren nach, die CDU-Fraktion in Altona hat ihre Unterstützung angekündigt und nun wird die rot-grüne Koalition auf der Bezirksversammlung zurückrudern. Zwei Meter Platz lassen ja, aber nur da, wo viel los ist auf der Straße, so der neue Antrag über den heute abgestimmt wird.

Solch hoch frequentierte Straßen sind beispielsweise das Schulterblatt im Schanzenviertel oder Teile der Ottensener Hauptstraße, nicht aber die Susannenstraße, die Schanzenstraße oder der Spritzenplatz. Eine absurde Regel, findet die Altonaer CDU-Fraktion und wird auf der Bezirksversammlung einen eigenen Antrag einreichen. „Wir wollen zurück zur ursprünglichen Genehmigungspraxis“, sagt Fraktionsvize Sven Hielscher. Denn es gebe überhaupt keinen funktionalen Grund für die Zwei-Meter-Regel. Der Mann im Rollstuhl und die Dame mit Rollator kämen auch auf einem 1,50 Meter breiten Gehweg problemlos aneinander vorbei. „Das Ganze ist schlicht eine massive Einschränkung für kleine Unternehmen, die wir so nicht hinnehmen wollen“, sagt Hielscher. Erst das Rauchverbot und nun noch weniger Platz für Gäste – so mache man den Wirten nach und nach das Geschäft kaputt.

299 Anträge auf Außengastronomie sind im Bezirksamt Altona eingegangen, etwa 120 wurden bislang bearbeitet. „Sieben Mal haben wir eine Komplettabsage erteilt oder nur eine verminderte Fläche auf dem Gehweg genehmigt“, sagt Kerstin Godenschwege vom Bezirksamt Altona. Viel weniger als die öffentliche Debatte vermuten ließe. Komme der Antrag von SPD und Grünen durch, könnte der Bezirk diese Fälle erneut überprüfen.

Im Februar hat der Altonaer Ausschuss für Verbraucherschutz beschlossen, Wirten weniger Platz für Außengastronomie zu geben. Das wollen die Gastronomen nicht hinnehmen:

Mehr als 10.000 Unterschriften hat die Initiative "Kein Platz mehr in der Sonne" von etwa 40 Wirten laut eigener Aussage bereits gegen die Zwei-Meter-Regel gesammelt und ein Bürgerbegehren angekündigt, aber noch nicht angemeldet.

Eine Klage beim Verwaltungsgericht läuft gegen die neue Regelung, es sei wettbewerbsverzerrend, wenn die Wirte in den Nachbarbezirken mehr Platz auf den Gehwegen hätten.

„Letztlich sind dann nur noch maximal fünf Gastronomen von der Zwei-Meter-Regel betroffen“, sagt Wolfgang Kaeser (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses. „Herr Max“ am Schulterblatt zum Beispiel: Die Betreiber haben keine Konzession für den Gehweg bekommen. Es habe aber Gespräche mit den Wirten gegeben, sagt Kaeser. „Wir sind durchaus bereit, eine freundlichere Lösung für alle zu finden.“ Man könne beispielsweise im Einzelfall darüber nachdenken, auch am Schulterblatt die eine oder andere Parkbucht aufzupflastern und für die Gastronomie freizugeben, wie bereits in der Susannenstraße. „Wir haben im letzten Jahr viele Anwohnerbeschwerden bekommen und mussten handeln“, sagt Kaeser.

„Es ist sehr unglücklich, dass die Zwei-Meter-Regel jetzt teilweise wieder zurückgenommen wird“, sagt eine Sprecherin der Anwohnerinitiative Schanzenviertel, die ihren Namen nicht mehr in der Zeitung lesen möchte. Die Lage im Viertel sei ohnehin angespannt und da sei es nicht hilfreich, wenn der Bezirk keine klare Linie verfolge. Grundsätzlich sei es gut, wenn es weniger Platz für die Außengastronomie gebe, denn das bedeute weniger Gäste und damit auch weniger Lärm. Aber es müssten für alle Wirte gleiche Regeln gelten, alles andere sei unfair.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.