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Bürger raus!

■ Beschleunigungsgesetz bald überall

Bonn (dpa/taz) – Der Umweltschutz wird künftig auch in Westdeutschland beim Bau von Straßen so gut wie keine Rolle mehr spielen. Am Mittwoch einigte sich der gemeinsame Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat in Bonn, das in Ostdeutschland bereits geltende Beschleunigungsgesetz auch in Westdeutschland anzuwenden. Dabei werden Bürgerbeteiligung und Umweltbelange beim Planfeststellungsverfahren ausgehebelt. Hier hatten die Länder zwar leisen Protest angemeldet, sich aber nicht durchsetzen können – und vielleicht auch wollen. Außerdem einigte man sich darauf, daß eventuelle Anfechtungsklagen beim Bau von Straßen- und U-Bahnen deren Bau nicht mehr verzögern können.

Hingegen konnten die Länder ihren Einfluß bei der Planung von Eisenbahnprojekten ausweiten, was einer der Hauptgründe für das Anrufen des Vermittlungsausschusses gewesen war. So sei es inkonsequent, den Ländern zwar die Verantwortung über den Schienenpersonennahverkehr zu übertragen, aber die Bundesplanung für den Nahverkehr weiter beibehalten zu wollen, hieß es.

Ebenso sei das Mitspracherecht bei der Planung von Bundesfernstraßen gesichert, da die Ergebnisse der von den Ländern vorgenommenen Raumplanung berücksichtigt werden müßten. Der Bau könne demnach bei Einlegung dieses Rechtsmittels weiterbetrieben werden, wie es das Gesetz bereits für Fernstraßen und Bundesbahnstrecken vorsehe.

Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) begrüßte die Einigung. Er behauptete, daß sich das zuvor in den neuen Ländern geschaffene Verkehrswegebeschleunigungsgesetz bewährt habe. So dauere dort ein Planfeststellungsverfahren inzwischen nur noch rund ein halbes Jahr, während dafür im Westen ein bis drei Jahre, in Einzelfällen sogar 20 Jahre notwendig seien.

Die Gesetzesvorlage wird heute erneut im Bundestag beraten. Anfang November werden dann die Ministerpräsidenten im Bundesrat voraussichtlich ihre Arme für die Abschaffung demokratischer Einflußmöglichkeiten heben.

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