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■ Bücher.kleinSchöne neue Warenwelt

Der Zeitgeist-Seismograph Matthias Horx hat ein Trendbüro gegründet. Und als öffentliches Bewerbungsschreiben, als Visitenkarte an die Industrie, die er gerne beraten will, hat er gleichzeitig sein neustes „Trendbuch“ herausgegeben. Darin präsentiert Horx Lebensstilmuster und -gruppen der bundesdeutschen Gesellschaft zwischen „Ökohedonisten“ und „Ohnemichel“. Als „Ethnologe der Gegenwart“ studiert er unsere Alltagswelt: Möbeldesign, Eßkultur, Reise- und Sexgewohnheiten etc. Doch er betreibt seine Feldforschung nicht nur in Wohnzimmern, Diskos und Restaurants, er möchte nun auch „Entwicklungshelfer“ sein bei der „ganzheitlichen Verwirklichung“ unserer noch unerkannten Lebenskonzepte. Und die verwirklichen sich, nach Horx, über den Markt: durch die Produktpalette zwischen Schokoriegel und Madonna. Horx neuestes Buch kündet von einer Welt, „in der Wirtschaft nicht mehr synonym mit Geldmachen ist“, sondern uns die Moral gleich mitverkauft. Stellvertretend für die versagende Politik gleicht die Wirtschaft also Interessenkonflikte selbst aus. So entsteht das ganzheitliche Produkt, die „intelligente Ware“: ethisch und ökologisch, edel und gut.

Horx bietet sich nun als „Agent für den zukünftigen Pakt zwischen Produzenten und Konsumenten“ an. Traumhaft sicher benennt er die Oberflächenerscheinungen unserer Gesellschaft: „das Lebensgefühl der Amorphität“, die neuen Wunder einer „virtualisierten Welt“, unsere Besinnung auf den „Teddybären“ ... Er hat uns durchschaut. Und so weiß er auch, welche Produkte uns guttun. Dieses Wissen macht ihn zum kompetenten Industrieberater. Und wo, bitte, kann sich ein hedonistischer Alltagsspezialist mit den Begabungen, Ideenreichtum plus Selbstbetrachtung, besser verwirklichen als im Produktmarketing? – Hier sitzen die Sponsoren, hier kann sich kreative Intelligenz austoben.

Seine ganz persönliche Verwirklichung sei Horx gegönnt. Doch er verkauft sie wie ein Hausierer als das „revolutionäre“ Paket der Zukunft. Der Markt sei künftig nicht mehr an maximaler Verwertung interessiert, sondern schaffe die Werte der Zukunft, weiß er genau. Die politische Vermittlung zwischen Subjekt und kapitalistischen Interessen sei quasi ausgeschaltet. Denn wo die „Schlachtfelder der Märkte zu Gärten“ werden, sind alle Interessengegensätze aufgehoben. Mit „ganzheitlichen Produkten“ konsumieren wir uns – zu Tode? Bei Horx soll sich harmonisch zusammenfügen, was längst auseinandergebrochen ist. Die schöne, neue Warenwelt ist für den Ästheten allemal attraktiver als die häßliche, widersprüchliche wahre Welt. Edith Kresta

Matthias Horx: „Trendbuch“. Econ-Verlag, Düsseldorf, 32 DM

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