berliner szenen: Bücher schenken
Was meinst du?“, fragt meine Freundin, ganz vorsichtig. „Könnt ich das Buch jetzt auch mal lesen?“
„Ja. Doch. Logisch. Schon. Nur …“ Ich fang an zu stottern. „Bin noch nicht fertig damit.“ Ich nehm das Buch, um das es geht, in die Hand, und wir schauen es an, meine Freundin und ich.
Sie räuspert sich. „Also“, setzt sie noch mal an. „Das ist ja eigentlich mein ...,“ „Ich weiß!“, unterbrech ich, bevor sie’s aussprechen kann: mein Buch.
Es ist ihr Buch, da hat sie recht. Und das ist irgendwie voll peinlich. Denn nicht nur brauch ich irgendwie ewig, um es zu lesen; ich hab es ihr auch noch geklaut. Genauer gesagt: es für sie gekauft, ihr unter die Nase gehalten – und dann sofort wieder weggenommen, um es eben erst mal selber zu lesen.
Zum Glück ist meine Freundin an so was gewöhnt. Denn so mach ich das nun mal mit Büchern, und gleich beim ersten Buchgeschenk an sie hab ich da auch den Standard gesetzt. Etwas eleganter allerdings: Dieses erste Buch hatt ich zuerst selbst gelesen, dann erst geschenkt. Ich weiß das noch so genau, weil es als Widmung in diesem Buch steht: „Hab’s vor dir gelesen, war einfach zu gut, die ersten Seiten, ich konnt nicht widerstehen.“ Und das Buch selbst steht nur nen Meter weit weg, bei mir im Regal. Denn logisch hab ich’s mir dann noch mal geborgt. Und nie wieder zurückgegeben. Denn so ist das eben auch mit Büchergeschenken bei mir: Bücher schenk ich zwar, aber nicht für immer und ewig.
Aber überhaupt erst mal schenken sollte ich ihr das neue Buch jetzt vielleicht schon. Meine Freundin denkt das auch.
„Komm“, sagt sie. „Gib her. Du kriegst es ja wieder.“
„Und wann?“
Sie zuckt mit den Schultern.
Ich überleg. „Vielleicht kannst du’s ja superschnell lesen“, schlag ich dann vor. „Bis Weihnachten zum Beispiel! Dann hättest du auch gleich ein Geschenk für mich.“ Joey Juschka
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