Buback-Mord immer noch nicht geklärt: Erkenntnis ja, Beweise nein
Verena Becker ist verhaftet, die ARD zieht die Doku "Bubacks Mörder" auf Mittwoch vor. Sie folgt dem Sohn bei der Spurensuche - zieht jedoch andere Schlüsse als dieser.
Was für ein Timing: Kaum wurde die Ex-RAFlerin Verena Becker verhaftet, weil sie 1977 an der Ermordung von Siegfried Buback beteiligt gewesen sein soll, schon wartet die ARD mit einer differenzierten Dokumentation auf. Doch dies ist vor allem ein glücklicher Zufall. Schon seit Monaten recherchierte der Filmemacher Egmont R. Koch. Eigentlich sollte sein Film "Bubacks Mörder" erst in einigen Wochen ausgestrahlt werden, doch aufgrund der aktuellen Ereignisse zog die ARD den spannend gemachten Film sofort vor.
Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, hält Verena Becker für die Todesschützin und er glaubt, dass sie bei den Ermittlungen gedeckt wurde, weil sie damals eine Informantin des Geheimdienstes war. Filmemacher Koch folgt Buback junior bei dessen Nachforschungen. Aber er folgt ihm nicht blind, sondern hat sich ein eigenes Urteil gebildet. Dabei hat Koch mit vielen wichtigen Protagonisten von damals gesprochen und zeigt sie auch im Bild.
Einige Erkenntnisse sind sogar ganz neu. So sehen wir den Kriminalbeamten Bernd Scholten, der wenige Tage nach dem Buback-Attentat in Köln einen Bankraub aufzuklären hatte. Als Täter stellen sich die RAFler Günter Sonnenberg und Verena Becker heraus. Sonnenberg galt schon damals als Fahrer des Tatmotorrads beim Buback-Mord. Waren er und Becker ein eingespieltes Team? Immerhin haben sie sich anschließend zusammen in die Schweiz abgesetzt und wurden wenige Wochen später zusammen in Singen verhaftet. "Ich habe Becker und Sonnenberg immer für die Täter von Karlsruhe gehalten", sagt Polizist Scholten. Seine Erkenntnisse spielten im damaligen Prozess gegen Becker aber keine Rolle. Die RAF-Frau wurde nur wegen einer Schießerei bei ihrer Verhaftung angeklagt.
Neu sind auch die Aussagen von Winfried Ridder, dem angeblich besten RAF-Kenner beim Verfassungsschutz. Für ihn kann es "keinen Zweifel" geben, dass Becker am Buback-Attentat beteiligt war. Dass sie geschossen hat, sagt er freilich nicht. Außerdem hält er es für "abwegig", dass Becker schon 1977 eine Informantin des Verfassungsschutzes gewesen sei. Das war zu erwarten.
Für Filmemacher Koch steht und fällt Bubacks Theorie mit den Zeugen, die eine "zierliche Person" als Beifahrer auf dem Tatmotorrad gesehen haben wollen. Deren Aussagen wurden damals, so Buback junior, manipuliert und unterdrückt.
Koch hat die Zeugen jetzt angehört, zweifelt aber an ihren heutigen Aussagen. Dabei geht es letztlich um Details. So will eine Frau von ihrem Arbeitszimmer aus gesehen haben, wie das Motorrad der Mörder mehrfach den Wagen Bubacks umkreiste, wobei die zierliche Person von allen Seiten geschossen habe. Das widerspricht aber nicht nur anderen Zeugenaussagen, es sei auch nur von rechts geschossen worden, so Koch.
Der Journalist glaubt deshalb, dass Buback sich mit seiner Verschwörungstheorie verrannt hat. Wer hat dann geschossen? Auch Egmont Koch hält Knut Folkerts, der einst als Schütze angeklagt war, nicht für den Mörder. Schließlich sei Folkerts Linkshänder gewesen und hätte gar nicht von rechts schießen können.
Sein Verdacht fällt auf Stefan Wisniewski, den der Ex-RAFler Peter Jürgen Boock für den Schützen hält. Auch Verena Becker hatte Wisniewski Anfang der 80er-Jahre in einer geheimen Aussage gegenüber dem Verfassungsschutz als Schützen angegeben. Allerdings gibt es bisher keinerlei handfeste Spuren, die auf Wisniewski hindeuten. Hier bleibt nun auch Koch oberflächlich.
"Bubacks Mörder" löst also das Rätsel um das Karlsruher Attentat auch nicht, aber der Film geht den entscheidenden Fragen anschaulich und präzise nach. So gut ist Fernsehen selten.
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