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Brüsseler Paradies

■ Zum EG-Gipfel: Die Transformation der Demokratie

Immer das gleiche Spiel: Beim Familienfoto zu Beginn eines EG-Gipfels sonnen sich die Herren und die eine Lady noch im Medien-Interesse. Dann hat sich's mit der Öffentlichkeit aber auch schon: Getagt, gestritten und beschlossen wird hinter verschlossenen Türen. Das wird hingenommen als allgemein übliches Gebaren von Regierungsgremien.

Dabei wird übersehen: Wenn sich die Oberhäupter der EG -Regierungen zur Gipfelrunde versammeln, dann fungieren sie als das gesetzgebende Organ der Europäischen Gemeinschaft. Man stelle sich vor: Der Bonner Bundestag berieten ab sofort nur noch in geheimer Sitzung! In der EG aber stört sich daran niemand. Der Rat setzt EG-Recht, und mit jeder Richtlinie wird den nationalen Parlamenten ein Scheibchen Zuständigkeit abgezwackt. Es wird aber nicht dem Europäischen Parlament zugeschlagen, sondern dem Rat. Das heißt: Die Mitglieder nationaler Exekutiven wirken auf EG -Ebene als Legislative. Für sie ist Brüssel das Paradies: Endlich regieren ohne Parlament, ohne öffentliche Kontrolle. „Die stille Revolution“ nannte EG-Kommissionschef Jacques Delors die sich in immer rasanterem Tempo anbahnende Vollendung des EG-Binnenmarktes.

Alles gafft auf die ökonomische Schiene, die politische Dimension bleibt in der Grauzone. Mit dem grenzenlosen Binnenmarkt emanzipiert sich das Kapital von der parlamentarischen Demokratie. Wir erleben die Metamorphose West-Europas vom Parlamentarismus zur Eurokratur. Aber wird sie auch wahrgenommen?

Thomas Scheuer

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