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Bruchpiloten pokern um eine Koalition

Alle wissen es: Garzweiler II ist überflüssig / Doch IGBE-Chef Berger und SPD-Matthiesen gehen Hand in Hand: Koalition mit den Grünen nur bei Unterwerfung / Vesper gelassen  ■  aus Düsseldorf Walter Jakob

Am Verhandlungstisch in der Bonner Landesvertretung herrscht nach wie vor ein moderater Ton zwischen Sozialdemokraten und Bündnisgrünen, doch unterhalb des Tisches wird getreten. Es kracht gewaltig.

Vor allem die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) setzt alles daran, das Bündnis zu verhindern. IGBE- Chef Hans Berger ist sich dabei der vollen Unterstützung von SPD- Fraktionschef Klaus Matthiesen sicher. Der habe bei einem Gespräch mit ihm am Donnerstag „unzweideutig festgestellt“, daß es mit der SPD „keine Abstriche“ am von der Landesregierung beschlossenen Braunkohleprojekt Garzweiler II geben werde, sagte Berger der taz.

Wenn die Grünen hier nicht klein beigeben würden, werde es eine rot-grüne Koalition „nicht geben“. Das habe ihm Matthiesen versichert. Er fühle sich mit seiner Position bei Matthiesen „sehr gut aufgehoben“, sagte Berger, der jegliche Auflockerung des Garzweiler-Beschlusses „strikt ablehnt“. Auch von der Rückholbarkeit der Genehmigung, die der Beschluß selbst vorsieht, will er nichts mehr wissen. Schon allein ein entsprechender Hinweis des Chefs der Düsseldorfer Staatskanzlei, Wolfgang Clement, der für die SPD die Verhandlungen koordiniert, ließ Berger aufheulen. Damit sei der Eindruck erweckt worden, „als sei Garzweiler zu kippen“, hielt er Clement vor. Im Gespräch mit Journalisten hatte Clement kürzlich erklärt, die Genehmigung sei dann „zurückzuholen, wenn die Bedarfsprognosen nicht stimmen, oder wenn die Auswirkungen auf die Umwelt gravierender sind, als sie die Genehmigungsbehörde zugrunde gelegt“ habe.

Das genau steht zwar auch in der Genehmigungsurkunde, aber die IGBE – und viele in der SPD – hielten diesen Passus bisher offenbar nur für schmückendes Beiwerk zur Beruhigung der Garzweiler- Gegner.

Doch jetzt wird es ernst, denn dieser Passus könnte den Weg zu einem rot-grünen Verhandlungskompromiß weisen: Wenn durch Energiesparen, Alternativenergien und Erhöhung der Energieproduktivität, der Bedarf viel kleiner als bisher angenommen ausfiele, erledigte sich Garzweiler II auch nach dem SPD-Beschluß von selbst.

Doch alles nur ein Trick?

Doch auf dieses Gleis will sich Berger, der offen für eine Große Koalition in Düsseldorf wirbt, erst gar nicht begeben: „Das ist doch ein Trick, um die Bergleute in die Irre zu führen. Das mache ich nicht mit.“ Wenn man den Energiebedarf drücken könne – „dafür bin ich auch“ –, solle man „die Importkohle reduzieren, nicht aber die Braunkohle“.

Für den grünen Spitzenmann Michael Vesper betreibt Berger inzwischen „das Geschäft der CDU“. Demgegenüber glaubt Vesper, daß Matthiesen, „weiter die rot-grüne Koalition will“. Vesper wörtlich: „Die notwendigen Kompromisse werden am Verhandlungstisch und nicht in der Presse geschlossen.“ Matthiesens Muskelspiele erklärt Vesper sich mit dem immensen Druck, „der auf ihm lastet“. Diesen Druck „gibt der nun weiter“. Daß an den öffentlichen Festlegungen das Bündnis scheitern kann, glaubt Vesper nicht.

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