■ QUERBILD: Broken Silence
Schon die Art und Weise, wie Wolfgang Panzers Film Broken Silence entstanden ist, hat etwas leise Sensationelles. Fünf Menschen reisten drei Monate lang durch Indien und Indonesien: ein Regisseur und Kameramann, eine Filmproduzentin, ein Tontechniker und zwei Schauspieler (Martin Huber und die junge Afro- Amerikanerin Ameenah Kaplan). Mit dabei hatte die kleine Truppe drei Blatt Papier, auf denen die Umrisse der zu erzählenden Geschichte beschrieben waren, einen Laptop, auf dem jeweils am Vorabend die Szenen und Dialoge des folgenden Tages festgelegt wurden und eine simple Hi-8-Videokamera, die man in jedem Fotogeschäft kaufen kann. Beinahe alle Szenen und Bilder, die auf diese Weise entstanden, sind leise, unprätentiöse Sensationen. Sie protzen nicht mit der Exotik des Fremden. Was einen für sie einnimmt, das ist die gelassene Atmosphäre des Findens und Entdeckens: die Hektik Delhis, eine indische Hochzeit, die indische Wüste, später eine Vulkanlandschaft in Indonesien und ganz am Schluß ein paradiesischer Palmenstrand.
Es geht um einen Karthäusermönch, der, um die Zukunft seines Klosters zu sichern, sein Schweigegelübde brechen muß. 25 Jahre lang hat er in einem Schweizer Kloster gelebt, jetzt muß er in die Welt hinaus, denn der Pachtvertrag läuft aus und die Besitzerin befindet sich irgendwo in Indonesien. Ein modernes Märchen. Eine Parabel. Ein Mönch zieht aus, sein Kloster zu retten, und entdeckt die Welt. Verwoben ist das mit einer weltlicheren Geschichte: der Mönch und das Mädchen. Im Flieger lernt der Mönch Ashaela kennen, eine junge New Yorkerin. Die klaut ihm erstmal sein Geld, dann packt sie doch das schlechte Gewissen. Gemeinsam ziehen sie fortan durch Indien, auf der Suche nach einem Schiff, das sie nach Indonesien bringt.
Nach langer Abgeschiedenheit findet sich der Mönch im quirligen Asien wieder, nach langer Einsamkeit in der Gemeinschaft mit einem nach ganz anderen Prinzipien lebenden Menschen. Von Annäherungen, Fremdheiten und Differenzen erzählt so der Film. Unterschwellig ist Broken Silence aber stets auch ein Film über den Glauben. Die (im normalen 35-Millimeter-Kinoformat gedrehte) Rahmenhandlung erzählt die Entdeckungsreise als Beichte. Daß es da, auch wenn der Mönch gegen manche Prinzipien seines Ordens verstoßen hat, nichts zu beichten gibt, macht der Film sehr klar.
Im letzten Drittel wird Broken Silence zu einem sanften Film über das Sterben. Denn Ashaela, so stellt sich heraus, ist unheilbar krank. Nach Indien ist sie gekommen, um zu sterben. Zu den großen Stärken des Films gehört, daß er eigentlich nie in Wehleidigkeit und selten in Kitsch abgleitet. Auch hier bleibt Broken Silence ein Film über die Prinzipien des Lebendigen: die Offenheit und die Neugier. Dirk Knipphals
Abaton, Studio
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