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Archiv-Artikel

Brechmittel-Opfer ertrunken

Gutachter sind sich einig: Wasser in der Lunge führte zum Tod. Staatsanwaltschaft prüft Anklage gegen Not- und Polizeiarzt. Auswertung des Drogenklos verzögert sich

Von sim

Bremen taz ■ Der vor knapp einem Jahr an den Folgen einer gewaltsamen Brechmittel-Vergabe durch die Bremer Polizei gestorbene Sierra Leoner Laye Alama Condé ist ertrunken. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft jetzt der taz. Der Rechtsmediziner Volkmar Schneider von der Berliner Charité, der in einem ersten Gutachten einen Tod durch Ertrinken zunächst explizit ausgeschlossen hatte, habe seine Meinung inzwischen revidiert.

Im August hatte ein zweites, ebenfalls von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachten noch für Ratlosigkeit unter den ErmittlerInnen gesorgt. Der emeritierte Professor für Anästhesiologie und Intensivmedizin Klaus Eyrich, langjähriger Leiter einer Berliner Universitätsklinik, hatte Volkmar Schneiders Expertise in einem entscheidenden Punkt widersprochen. Auf Röntgenaufnahmen Condés diagnostizierte er in der Lunge Wasser. Dieses habe das Blut verdünnt, die Sauerstoffaufnahme behindert und so den schweren Hirnschaden verursacht, der Anfang Januar zum Tod des mutmaßlichen Dealers führte. Schneider, mit diesem Ergebnis konfrontiert, habe den Ausführungen Eyrichs „nicht widersprochen“, sagte Staatsanwaltschafts-Sprecher Frank Passade.

Die Ermittlungen sind damit vorerst abgeschlossen. Man prüfe nun, ob und wem strafrechtliche Vorwürfe zu machen seien, sagte Passade. Im Verdacht der fahrlässigen Tötung stehen der Polizeiarzt – er hatte Condé, der auf dem Rücken an eine Liege gefesselt war, über eine Sonde das Brechmittel sowie einige Liter Wasser in den Magen gepumpt – und der von der Polizei herbeigerufene Notarzt, der seinem Kollegen zunächst ohne einzugreifen zugesehen hatte.

Das Bremer Innenressort räumte unterdessen ein, den für Oktober versprochenen Bericht über die Drogentoilette, die die zwangsweise Brechmittel-Vergabe in Bremen seit Frühjahr ersetzt, noch nicht in Angriff genommen zu haben. sim