: Brauns derbe Pechsträhne
■ Sachsen-Anhalt in einer Polizeichefkrise/ Schmidt wirft das Handtuch
Magdeburg. Sachsen-Anhalts Innenminister Wolfgang Braun (CDU) hat mit seinen Landespolizeichefs wenig Glück. Den ersten mußte er in die Wüste schicken, weil er bei seinen Polizeikollegen nicht ankam. Der zweite, Klaus Schmidt aus Niedersachsen, warf jetzt, nur vier Wochen nach seiner Berufung das Handtuch. Schmidt trat von seinem Posten zurück, bat den niedersächsischen Innenminister Gerhard Glogowski um die Rücknahme seiner Delegierung nach Sachsen-Anhalt und verließ Magdeburg geradezu fluchtartig. Vor vier Wochen war Schmidt noch mit großen Worten angetreten, die Polizei von Sachsen-Anhalt von Grund auf zu erneuern und zu modernisieren. Um so mehr überrascht es, daß er jetzt vorzeitig aufgab. Die Gründe dafür sind unklar. Offizielle Sprachregelung des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt: Schmidt habe ausschließlich persönliche Gründe für seinen Rücktritt geltend gemacht, der auch für die Ministeriumsspitze völlig überraschend kam. Es stehe ihm, Schmidt, frei, sich so zu entscheiden.
Zu dünn ist diese Erklärung, um irgendwie glaubwürdig zu erscheinen. Zumal Innenstaatssekretär Hans-Peter Mahn (CDU und ehemaliger niedersächsischer Verfassungsschützer) sie offenbar per Dienstanweisung den Ministeriumssprechern wortwörtlich in den Bleistift diktiert hat.
Vielleicht habe Schmidt etwas rausgekriegt, das belege, daß die Vorwürfe gegen Innenminister Braun doch nicht so aus der Luft gegriffen sind, wie er immer behauptet, mutmaßt man in der Opposition. Nur Schmidt selbst könnte derzeit wohl die vielen Fragen beantworten, die sein überraschender Rücktritt aufgeworfen hat. Zum Beispiel, ob die Pressevorwürfe gegen Braun wegen eventueller Spitzelei in der Ex-DDR oder wegen seiner äußerst dubiosen Personalpolitik irgendetwas mit dem überstürzten Rückzug nach Niedersachsen zu tun haben. Aber Schmidt ist weder in Sachsen-Anhalt noch in Niedersachsen aufzutreiben. Er hat sich kurzfristig beurlauben lassen und ist abgetaucht.
Die SPD-Fraktion will Innenminister Braun mit einer Dringlichkeitsanfrage zwingen, in der Landtagssitzung nächste Woche die Karten auf den Tisch zu legen und die wahren Gründe für Schmidts Rücktritt zu nennen. bl
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