Braunkohle-Volksbegehren gescheitert: Unter die Schaufelräder
Das Volksbegehren "Keine neuen Tagebaue" in Brandenburg ist gescheitert - an der mangelnden Resonanz der Bürger. Die Initiatoren wollen die Niederlage trotzdem als Erfolg verbucht wissen.
80.000 Stimmen hätte das Volksbegehren "Keine neuen Tagebaue" in Brandenburg sammeln müssen, um einen Gesetzentwurf zum mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung vor den Landtag zu bringen. Am Montag endete die viermonatige Frist - mit ernüchterndem Ergebnis: Nach vorläufiger Auszählung durch den Landeswahlleiter haben gerade einmal 25.168 Brandenburger ihre Unterschrift abgegeben.
Vattenfall will in der Lausitz bis zu vier neue Braunkohle-Tagebaue öffnen und etwa 4.000 Menschen umsiedeln, um auch nach 2020 den klimaschädlichsten aller Energieträger verstromen zu können. Den Plänen wollte ein einmaliges Bündnis aus Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, der Grünen und der Linkspartei ein Ende setzen. Geholfen hat der an Mitgliedern starke Hintergrund wenig: Mit einer Beteiligung von nur 1,2 Prozent der wahlberechtigten Brandenburger ist das Volksbegehren an der Hürde von 4 Prozent deutlich gescheitert.
"Das Ziel ist klar verfehlt, das Ergebnis enttäuschend", sagt Falk Hermenau, Koordinator des Volksbegehrens. "Wirtschaftskrise und Gasstreit haben für Unsicherheit bei den Bürgern gesorgt. Weitere künstliche Hindernisse haben ihr Übriges getan." Das "künstliche Hindernis" heißt Amtseintragung: In Brandenburg können, anders als etwa in Berlin, bei Volksbegehren die Stimmen ausschließlich auf den Meldeämtern abgegeben werden. Auch die Unterschrift per Brief ist nicht möglich: "Daran ist das Volksbegehren genauso gescheitert wie bisher sieben weitere Volksbegehren im direktdemokratischen Entwicklungsland Brandenburg", sagt Michael Efler, Vorstandsmitglied des Vereins Mehr Demokratie.
Die Initiatoren des Volksbegehrens wollen ihre Niederlage trotzdem als Erfolg verbucht wissen. "Noch nie wurde das Thema Braunkohle in Brandenburg so intensiv diskutiert", sagt Axel Kruschat vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Brandenburg. Die Forderung des Bündnisses bleibe weiter bestehen. "Vattenfall und die Landesregierung müssen zeigen, dass sie zu ergebnisoffenen Diskussionen bereit sind, und können sich nicht weiter hinter Feigenblättern wie der noch zu erforschenden Kohlendioxid-Abscheidung und -Einlagerung verstecken", so Kruschat.
Die anstehenden Landtagswahlen stünden nun unter einem guten Stern: "Die Mehrheit der Brandenburger ist gegen die Braunkohleverstromung", sagt der Landesvorsitzende der Linken, Thomas Nord. "70 Prozent hätten nach einer aktuellen Emnid-Umfrage unterschrieben, wenn die Teilnahmebedingungen einfacher gewesen wären. Das wird auch im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen." Auch Axel Vogel, Landesvorsitzender der Grünen, ist optimistisch. "Für die Wahlen im Herbst konnten wir uns als klare Alternative für eine zukunftsfähige Energiepolitik positionieren."
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