: Brauner Winter
■ S T A N D B I L D
(Das Ende eines langen Winters, Mittwoch 9.5. ARD 20.15) Was sich während der letzten Kriegstage tatsächlich zugetragen hat, wird für immer rätselhaft bleiben. Als Berlin längst gefallen war, der „Führer“ sich bereits umgebracht hatte, waren die Nazis im Auseerland (Steiermark) noch eifrig dabei, die „Alpenfestung“ auszubauen. Gauleiter Eigruber glaubt nicht mehr an den Endsieg und bereitet einen „starken Abgang“ vor. Die im Salzbergwerk von Hallstadt lagernde Sammlung der von den Nazis in ganz Europa zusammengestohlenen Kunstwerke soll auf seinen Befehl in die Luft gesprengt werden. Die in der Umgebung wohnenden Arbeiter fürchten jedoch mehr den Verlust des Salzberges, ihren Arbeitsplatz.
Drehbuchautor Walter Wippersberg hat nach eingehendem Quellenstudium einen Mittelweg zwischen widersprüchlichen Fakten und Fiktion eingeschlagen. Namen wurden größtenteils geändert. Was seinen Versuch von einschlägiger und schnarchnäsiger Politfolklore unterscheidet, ist die Radikalität, mit der die realen Vorbildern entlehnten Figuren im vertrackten Überläuferpuzzle vorgeführt werden. Daß Heydrich-Nachfolger Kaltenbrunner die Evidrins stilgerecht mit Cognac nimmt, mag noch angehen. Das ist mittlerweile Standard. Die ganzen höheren Chargen waren, soviel ist sicher, auf dem Tripp. Nicht nur das Inferno des Untergangs haben sie, von Wagnerklängen pompös untermalt, wie ein mentales Telespiel erlebt. Oder wie einen Film von Steven Spielberg. Nein. Was einen die Lauscher aufsperren läßt, sind die Phantasien Kaltenbrunners, wenn die kleinen Pillen seine kruppstählernen Nerven zum Oszillieren gebracht haben. „Die Amerikaner“, redet er sich in Rage, „die bewundern uns doch insgeheim für das, was wir mit den Juden angestellt haben. Was haben die denn geglaubt, wie wir mit solchen Massen hätten fertig werden sollen? Auch dafür, wie wir mit den Bolschewiken umgegangen sind! Die haben doch keine Ahnung. Also werden sie uns holen.“
Vom kriechenden Überläufer, der bis zuletzt versucht, die Partisanenkämpfer bei den herannahenden Amis als Joker einzusetzen, um sich eine weiße Weste zu verschaffen, bis zum stets betrunkenen, eigentlich recht gutmütigen Ortsgruppenleiter wird das Funktionieren des Nationalsozialismus aus den recht unterschiedlichen Perspektiven einzelner Charaktere und deren persönlichen Motivationen vorgeführt. Es ist ferner das Verdienst von Gernot Friedels Film, den Jubel der Befreiung am Ende mit einer anderen, nachdenklich stimmenden Sichtweise zu überschatten. Während seiner Verhandlungen mit den Amerikanern, die Kaltenbrunners gewitzter Adjutant Hatten in dessen Auftrag durchführte, hat der vampirisch dreinblickende Knilch seinen Vorgesetzten verraten. Welchen Deal er dabei mit den Amerikanern ausgehandelt hat, erfahren wir nicht. Nur eins können wir vermuten: daß er verdammt gut dabei dasteht...
Rie
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