: Brauner Terror in der Hufeisensiedlung
NEONAZIS Eine Familie wehrt sich gegen die NPD – und wird bedroht. Heute Abend zeigt der RBB einen Film darüber
Christiane Schott arbeitet gerade im Garten ihres Reihenhauses in der Neuköllner Hufeisensiedlung, als drei Männer NPD-Propaganda in ihren Briefkasten werfen wollen. „Nein, bei mir nicht“, wehrt die Mutter zweier Töchter ab. Es folgt ein erhitztes Wortgefecht, die Männer drohen ihr. Am Abend wird die Fensterscheibe des Kinderzimmers der Familie Schott eingeworfen. „Hätte mein Bett unter dem Fenster gestanden, wäre ich von einem großen Stein getroffen worden“, sagt eine Tochter in dem Film von Jo Goll und Torsten Mandalka, der heute Abend im RBB-Fernsehen ausgestrahlt wird. Innerhalb von acht Monaten folgten zwei weitere Anschläge auf das Haus der Familie.
Die Familie hat Angst
Christiane Schott bekennt, Angst zu haben. Jedes Mal, wenn es abends laut werde, zucke sie zusammen. Die Familie habe schon überlegt, das Haus zu verkaufen. Doch das ändert sich während der sieben Monate, die der RBB die Familie mit der Kamera begleitet. Aus dem Opfer Christiane Schott wird eine politisch aktive Frau: Sie geht zum Landgericht, um dort bei einem Verfahren einem NPDler ins Gesicht zu sehen, gegen den auch wegen der Anschläge gegen sie ermittelt wird. Auf einer NPD-Veranstaltung fragt sie mutig nach deren Demokratieverständnis. Dafür wird sie als „Querulantin“ ausgepfiffen. Schrott hat außerdem die Bürgerinitiative „Hufeisensiedlung gegen rechts“ mitgegründet.
Ob in der Hufeisensiedlung, in Schöneweide, Johannisthal oder in Rudow – viele der Anschläge gegen Nazigegner tragen die Handschrift der Neonazigruppe Nationaler Widerstand. Die RBB-Autoren gehen dieser Gruppe nach, gegen die die Staatsanwaltschaft bislang erfolglos ermittelt. Sie konfrontieren NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke mit der Frage nach seiner Beteiligung – einem Gerücht, das vielen plausibel erscheint. Der NPD-Chef hatte sich immerhin vor einem Plakat des Nationalen Widerstands ablichten lassen und wird auf Flyern als presserechtlich Verantwortlicher aufgeführt. Doch Schmidtke weist das bauernschlau zurück.
Wolfgang Wieland, Berliner und Obmann der Grünen im NSU-Untersuchungsausschuss, zeigte sich auf der Pressevorführung des Films betroffen vom rechten Terror im Berliner Süden. „So etwas hätte ich in Ostvorpommern oder in Teilen Sachsens erwartet, aber nicht in Berlin.“ Für ihn komme der Film zur rechten Zeit – als Argument für das NPD-Verbot. „Das Verbot dieser Partei ist nicht nur angezeigt, wenn sie kurz vor der Machtübernahme stehen würde. Wenn Bürger nicht mehr angstfrei ihre Meinung sagen können, dann ist die Demokratie in Gefahr.“ MARINA MAI
■ Heute 20.15 Uhr, RBB: „Terror im Kiez – Neonazis in Berlin“