■ Kochen und Lachen mit Karl May und Adolf Hitler (2)
: Born to be Wildbret

Humor, soviel steht fest, hatte Karl May in toto keinen Funken; ein schönes Beispiel für das donnernde Harr-Harr, das May zusammenbrezelte, wenn er lustig sein wollte, findet sich in „Der Schatz im Silbersee“. Der Hobble- Frank, Mays sächsisches Alter ego, bereitet einen Elchbraten zu; in Ermangelung von Gewürz brät er das Tier in Holzkohle an: „Das Fleisch brodelte nicht nur, sondern es rauchte, und zwar nicht wenig, das Zelt war in Zeit von einigen Augenblicken von einem scharfen, brenzlichen Geruche erfüllt“, worüber dann der dicke Jemmy in Rage gerät und Old Shatterhand einige seiner typischen Besserwestmann-Bemerkungen macht, was dann kolossal komisch sein soll, aber ungefähr so komisch ist wie das „Hihihihi, wenn ich mich nicht irre“ seines Kollegen Sam Hawkens.

Den Fähigkeiten Karl Mays als Humorist ebenbürtig sind seine Talente als Koch. Auffällig häufig empfahl er seinen Lesern den Genuß von Bärenfleisch. „Den Schoschonen war der Bär eine willkommene Beute. Sein Rippenfleisch ist wohlschmeckend, die Schinken sind noch besser, und die Tatzen gelten sogar als Leckerbissen“, schrieb Karl May in „Der Sohn des Bärenjägers“ und lieferte ein paar Zeilen weiter auch gleich ein Rezept zur Zubereitung des Grizzlys: „Das Fell wurde auf eines der überzähligen Pferde der Schoschonen gebunden, und das Fleisch legte man unter die Sättel. Hier wurde es dann durch das Reiten so weich und gar, daß es am Abend verspeist werden konnte. Einem europäischen Feinschmecker würde freilich eine solche Zubereitungsart nicht sehr zuträglich erscheinen.“

Auch in „Winnetou I“ wies sich Karl May als Bärenbräter von Rang aus: „Es gibt überhaupt nichts, was über Bärentatzen geht. Sie müssen aber längere Zeit liegen, bis sie den gehörigen Wildgeschmack bekommen haben. Am feinsten schmecken sie, wenn sie schon von Würmern durchbohrt sind.“ So stellte sich Karl May das wilde, freie Leben unter Westmännern vor, von dem er soviel wußte: „Immer fällt mir, wenn ich an den Indianer denke, der Türke ein“, schreibt May in der Einleitung von „Winnetou I“. War es wirklich Indianersitte, auf tiefergelegten Breitreifenpferden zu sitzen und mit bullernden Lautsprechern in den Satteltaschen durch die Prairie zu donnern?

Trotz dieser auffälligen Mängel hat sich ein professioneller Koch der Rezepturen Karl Mays angenommen und ein „Karl-May- Kochbuch“ mit dem verlockenden Untertitel „Zu Gast an fremden Feuern“ zusammengestellt. Horst Scharfenberg, lt. Klappentext „international erfahrener Fernsehkoch“, hat aus den Reiseerzählungen Karl Mays „Rezepte aus dem Indianerland, aus dem Reiche der Kalifen und aus dem fernen Orient“ extrahiert. Von den Bärentatzen, die Karl May seinen Lesern aufbinden wollte, rät Scharfenberg allerdings ab: „Mit der Lötlampe“ müßte man nämlich „die Haare absengen, dann brühen, um die Hornhaut von den Sohlen abziehen zu können. Schließlich muß man sie vorkochen, die Krallen entfernen und die kleinen Knöchelchen im Fußinneren.“ Armer Bär.

Von den Zubereitungspetitessen wie diesen hat Karl May in seiner cuisiniären Unbedarftheit nichts geahnt; Scharfenberg aber nimmt das nicht krumm, sondern macht aus Mays wirren Essensbehauptungen genießbare Gerichte, denen er wasserimmundzusammenlaufenmachende Namen gibt: „Westmänner-Lende“, „Seeräuber bitten zu Tisch“, „Das Rumpsteak unter dem Sattel“, „Banditen-Omelette“, „Das Huhn im Stiefel“ oder „Apatschen-Frühstück“. Herrlich – das will man doch alles unbedingt gelesen und gegessen haben oder, wenn's „Ein Bier für Winnetou“ ist, auch getrunken. Allzu lange war dieses 1975 erstmals erschienene Juwel unter den Kochbüchern vergriffen – jetzt ist es wieder lieferbar, und es ist ein großer Spaß.

Der Stern aber sollte unbedingt mal wieder einen Knüller landen und jenen Karl-May-Fan neu und groß herausbringen, der – neben Karl May – wohl der größte Humorist und Kulinarier aller Zeiten war: Adolf Hitler und seine schönsten Rezepte, mit einem Interview von Alfred Biolek: „Herr Hitler, Sie waren doch damals dabei und haben das alles noch selbst erlebt – wie war das denn so? Und was haben Sie gegessen?“ Das vegane Jungvolk würde es danken. Wiglaf Droste

Horst Scharfenberg: „Karl-May- Kochbuch. Zu Gast an fremden Feuern“. Karl-May-Verlag, Bamberg 1975, 2. Aufl. 1997, 207 Seiten, 29,80 DM