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Bootsausflug mit der KircheNeues von Uwe und Gott

Die Berliner Stadtmission feiert Gottesdienst auf der Spree. Selten hat man so entspannte Protestanten gesehen.

Die Spree, ein Ort der Kontemplation. Bild: dapd

Das Ausflugsschiff dümpelt mit offenem Glasverdeck auf der Spree, direkt neben dem Paul-Löbe-Haus. Auf den Tischen liegen frisch gestärkte Decken und Liedzettel. Keyboarder Uwe steht mit seinem Instrument am Heck, rückt seine John-Lennon-Brille zurecht und haut beherzt einen Dur-Akkord in die Tasten. Damit eröffnet am Sonntag der Schiffsgottesdienst, zu dem die Stadtmission die Berliner eingeladen hat. Und die haben sich nicht zweimal bitten lassen.

Gläubige älteren Semesters und Jugendliche, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Stadtmission bestreiten, rücken an Bord zusammen. „Das hier ist schon schöner, als sich eine Sonntagspredigt im ZDF anzusehen“, sagt Sonja, die in Fleecejacke und Wandershorts aus Spandau angeradelt ist. Dann setzt sie zum ersten Lied an: „Nun jauchzet dem Herrn, alle Welt!“

Im Sommer wird dem Herrn regelmäßig auf dem Ausflugsdampfer gejauchzt. „Kirche einmal anders erleben“, darum gehe es bei den monatlichen Bootsgottesdiensten, sagt Pastor Thomas Hölzemann. Die Predigt hält er dann auch mit Bezug auf den ungewöhnlichen Ort. Statt der Bibel zieht er eine Berliner Wasserkarte hervor und reckt sie in die Höhe. „Wenn Sie wie ich jahrelang in Bielefeld gewohnt haben, dann ist das hier richtig viel Wasser“, beteuert er. Ein paar Gäste aus Oldenburg lächeln nachsichtig, Hölzemann fährt fort: „So wie sich die Wasserläufe durch Berlin ziehen, so ziehen sich auch die Segensspuren Gottes durch die Stadt.“

Manche nicken sogar

Hoffnung, positive Ausstrahlung – das sieht Pastor Hölzemann, wenn er den Blick auf die Hauptstadt und ihre Bewohner richtet. Vielleicht ist das berufsbedingt. In seinem Berlin agieren selbst die Politiker im Bundestag, den man vom Boot aus sieht, bar jedes Machtkalküls. „Sondern aus einer Verantwortung für die Menschen heraus“, sagt der Pastor. Solche steilen Thesen goutiert die Gemeinde mit aufmerksamem Zuhören, einige nicken sogar. Selten hat man so entspannte Protestanten gesehen.

Es ist wohl der Prophet Jeremia, auf dessen Worte sie sich hier kollektiv verständigt haben: „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s auch euch wohl.“ Anders als mit Kapitel 29, Vers 7 ist dieser knallharte Optimismus auf dem Boot kaum zu greifen. Und nicht zu fassen.

Miriam, Praktikantin bei der Stadtmission, findet die Predigt genau richtig für die anwesende Zuhörerschaft. „Das ist ein eher zufälliges Publikum hier“, sagt die junge Frau. „Das kannst du nicht mit differenziertem Rumbohren verschrecken.“ Und schon stimmt Keyboarder Uwe das nächste Lied an.

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4 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    zu@Sabine

    Es ist schön ,wenn sie die Berliner Stadtmission aus Ihrer Warte so sehen.Ich sehe diese aus einer andferen Perspektive.

    Der Mamon Geld und Gewinnmaximierung stehen bei der Berliner Stadtmission im Vordergrund.

    Integrationsbetriebe zahlen kein Gehalt,wie es eigentlich üblich ist,sondern vielmehr erhalten die sogenannten Probendten eine Art Taschengeld,siehe beschützte Werkstätten.

    Anmaßend ist es bei Gotesdiensten der Frühschicht am Gendarmenmarkt den Teilnehmern vor zu geben,wie man sich eine Kollekte sich wünschen würde,was eine Frühstück in einem renomierten Promilokal kostete.

    Die Predigten des Direktors der Berliner Stadtmission sind kein High-Light,im Unterschied zum Leipnis Träger Markschies.

    Sich nicht blenden lassen was Charismatik und Spirituell anbetrifft,diese haben noch nicht dazu beigetragen,die Welt im positiven Sinne zu ändern.

    Trance ,das Unterbewußtsein außer Kraft zu setzen,ist nicht angesagt,sondern klare dialektische Intelligenz.

  • S
    Sabine

    Die Berliner Stadtmission ist eine tolle Organisation unter dem Dach der Evangelischen Kirche und hat neben Integrationsbetrieben (Betriebe für Mitarbeitende mit und ohne Behinderung), Wohnstätten und ambulante Pflegedienste für Menschen mit Behinderungen, und einer Kreativbühne für Künstler mit und ohne Behinderung z.B. auch den Evangelischen Blindendienst mit im Boot (pardon the pun). Kann den Kommentar des Vordermannes daher nicht ganz nachvollziehen. Außerdem macht die Berliner Stadtmission kein Geld für sich selber, sondern für Menschen in Not.

  • WB
    Wolfgang Banse

    zu @Wolfgang Banse

    Die richtige Leitschrift zu meinen Kommentar muss lauten:Schiffahrtsgottesdienste sind nicht jedermanns Angelegenheit.

    Ich bitte meinen obrigen Fehler zu entschuldigen.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Schiffahrtsgottesdienste ist jedermanns Angelegenheit

    Nicht jede und nicht jeder zieht die Berliner Stadtmission an,so auch nicht was Gottesdienst auf dem Schiff betrifft.Die Gottesdienste haben einen gewissen charismatischen Tatsch,der nicht jede und nicht jeden hinterm Ofenrohr hervor lockt.

    Als abweisend kann man die Gotesdienste der Berliner Stadtmission betrachten,was die Kollekte geben ,betrifft.HGier öchte der leitende Stadtmissionsdirektor Filker immernur Knisterndes sehen.So was den Gottesdienst in der Passionszeit im Französichen dom,wo er Filker sich wünschen würde,dass soviel Kollekte jede und jeder geben sollte als Richtwert,was ein Frühstück bei Borchert kostet.

    Die Ansprachen des Missionsdirektors in Gottesdiensten kann man eher als eine Rede

    als wie eine Predoigt bezeichnen.

    Das Mottom welches sich die Berliner Stadtmission gegeben hat,"Suchet der Stadt Bestes"ist ein großes angelegtes Thema.Nur bei der Berliner Stadtmission:" Suchet bei den Menschen Geld."

    Die Berliner Stadtmission ist ein Wirtschaftsunternehmen,mit allem wird Geld gemacht,so auch was die Not betrifft,im Bezug auf die Obdachlosigkeit.Spenden und die Kältehilfe des Bezirksamtes finanzieren in der kalten Jahreszeit die Notunterkunft Lehrter Straße,die nicht gerade ein Stern unter den Notunterkünften ist.Fliesst kein Geld mehr ist es auch bei xer Berlinert Stadtmission mit der Nächstenliebe,Barmherzigkeit ab den 1.April eines jeden Jahres vorbei.

    Auch nicht vorbildlich geht die Berliner Stadtmission um ,was die Stellenbesetzungen im Bezug auf die Anstellung von gehandicapten Mitarbeitern anbetrifft.

    Charismatische Gottesdienste feiern ist die eine Seite,Handeln nach der gottesdienstlichen Zeit die andere.